Alarmierende Trinkwasserwerte für Potsdam

■ Grenzwerte für Nitrate, Eisen und Mangan im Wasser erheblich überschritten/Notversorgung aus Tankwagen im Kreis Kyritz/Umweltressort Potsdam fordert 400 bis 500 Millionen DM als Sofortprogramm für die Wassersanierung

Potsdam. Im Bezirk Potsdam sind alarmierende Trinkwasserwerte festgestellt worden. Der Leiter des Umweltressorts der Bezirksbehörde, Walter Haase, wies gestern darauf hin, daß für 144.000 Personen, die Trinkwasser aus Hausbrunnen erhalten, die Grenzwerte für Nitrate, Eisen und Mangan erheblich überschritten werden. Der Nitratgehalt lag nach Messungen der Behörde teilweise um das 25fache über dem bei 40 mg/Liter festgesetzten Grenzwert. Das Trinkwasser für weitere 45.000 Einwohner im Bezirk Potsdam, die ihr Wasser von den umliegenden Wasserwerken erhalten, entspricht ebenfalls nicht den Gütevorschriften.

Für den Ort Mechow, Kreis Kyritz, wurde ab sofort eine Notversorgung aus Wasserwagen angeordnet. Insgesamt, so Haase, fördern rund 30 bis 35 Prozent der 35.000 Hausbrunnen im Bezirk nitratverseuchtes Wasser. Diese Werte hätten auch schon der SED-Regierung bekannt sein müssen, so Haase, haben sie jedoch nicht zu einschneidenden Maßnahmen veranlaßt.

Auch die quantitative Versorgung mit Trinkwasser scheint ein zunehmendes Problem zu werden. Die Hälfte der Flüsse Potsdams seien aufgrund ihrer erheblichen Verschmutzung nicht mehr für die Trinkwassergewinnung geeignet. Das aus den sieben Klärwerken im südlichen Berlin in die Havel geleitete Wasser entspreche nicht den Normvorschriften. Der Grundwasserspiegel habe sich, wie Haase angab, nicht nur im Umland, sondern auch in Berlin seit längerem erheblich gesenkt.

Es würden zur Zeit intensive Überprüfungen vorgenommen, die 1980 aus dem Betrieb genommenen Rieselfelder in Königs Wusterhausen und Mahlow in Zukunft wieder in Betrieb zu nehmen. Mehrere tausend Kubikmeter Wasser pro Tag aus den Berliner Klärwerken könnten einen positiven Effekt auf den Grundwasserspiegel ausüben und die Havel entlasten.

Haase räumte ein, daß im Wasserwerk Nedlitz, das täglich rund 15.000 Kubikmeter Wasser zur Verfügung stellt, noch gechlort wird. Dies geschehe auf den ausdrücklichen Wunsch der sowjetischen Garnison in Krampnitz.

Hauptursachen für die Verseuchung des Wassers sind nach Angaben des Umweltressorts vor allem Überdüngung der Felder, Grundwasserbelastung mit Hausfäkaliengruben, unzureichende Deponien sowie unsachgemäße Lagerungen von Agrochemikalien und Mineralölen.

Umweltabteilungsleiter Haase fordert 400 bis 500 Millionen DM als Sofortprogramm für die Wassersanierung im ländlichen Raum. Rund 44 Millionen DM wurden vom Bonner Umweltministerium bereits für Sofortmaßnahmen zur Verfügung gestellt. dpa