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Kündigungsschutz im Instanzenzirkel

■ Landesarbeitsgericht schickt gefeuerten Rechnungsprüfer zurück nach Bremerhaven

Der Rechtsstreit zwischen dem ehemaligen Magistratsangestellten Joachim Weihrauch und der Stadt Bremerhaven geht weiter. Am Freitag wies das Landesarbeitsgericht Bremen die Kündigungsklage des ehemaligen Rechnungsprüfers beim Bauordnungsamt in Bremerhaven an das dortige Arbeitsgericht zurück. Das muß jetzt entscheiden, ob die fristlose Kündigung Weihrauchs durch Bremerhavens Oberbürgermeister Karl Willms berechtigt war.

Zur Erinnerung: Rechnungsprüfer Weihrauch hatte sich innerhalb der Baubehörde in Bremerhaven unbeliebt gemacht. Er konnte in mehreren Fällen nachweisen und öffentlich machen, daß die Behörde zu niedrige Gebühren bei Großbauprojekten erhoben hat. „Begünstigung im Amt“ nannte Weihrauch das Kind beim Namen und wurde in die Stadtkasse versetzt: Dort überprüfte er dann Bankleitzahlen und Kontonummern. So geschehen im Januar 1989.

Auf seinem Abschiebeposten gab der Querulant gegen den Behördenfilz keine Ruhe. Mit einem Flugblatt trat er erneut als „Ankläger“ gegen das Bauamt an. Behördenmitarbeiter hätten in schwarz bezahlter Nebentätigkeit Statikentwürfe für Privatbauten geliefert, anstatt die vorgesehenen Sicherheitsprüfungen durchzuführen, lautete einer der Vorwürfe, mit denen Weihrauch seine ehemaligen KollegInnen bombardierte.

Wegen dieses Flugblattes wurde Weihrauch dann am 23. Juni 1989 fristlos entlassen. Die amtliche Begründung dafür: Weihrauch habe Amtsgeheimnisse ausgeplaudert.

Der Gefeuerte klagte daraufhin doppelt und verlor zunächst. Seine Versetzung zur Stadtkasse sei rechtskräftig, meinte das Arbeitsgericht Bremerhaven. Die Kündigungsschutzklage sollte vor der höheren Instanz verhandelt werden. Die jedoch gab gestern den Fall an die untere Instanz nach Bremerhaven zurück: Der Fall muß nun dort von Anfang an neu verhandelt werden.

Für Weihrauch hat der jahrelange Clinch mit der Bremerhavener Behörde gesundheitliche Folgen. Nach seiner Kündigung wurde er krank, seit Dezember bekommt er eine zeitlich befristete Rente. Der 56jährige will aber nicht aufgeben. „Alles, was ich getan habe, ist, die Öffentlichkeit auf bestimmte Mißstände aufmerksam gemacht zu haben“, wehrt er sich gegen den Vorwurf des Geheimnisverrats. Er beruft sich dabei auf Artikel 15 der Bremer Landesverfassung, die jedem Bürger das freie Recht auf Meinungsäußerung einräumt.

mad

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