Abgelaufener Reisepass

■ Klaus Doldinger's „Passport“ begeisterte treue Fans mit ewig Gleichem

Voll war's und die Stimmung bombig! Klaus Doldinger weiß nach etwa zwanzig Jahren „Passport“ genau, was seine treue Hörerschaft von ihm erwartet: Soliden, recht hausbackenen Jazzrock ohne Wagnisse oder Brüche, die das Publikum nur verschrecken könnten. Und so spielte „Passport“ trotz neuer Besetzung kaum neue Töne. Zwischen Begeisterung und Langeweile blieb für die Zuhörer keine Alternative. In jedem Stück gab es wie üblich mindestens drei lange Soli — die meisten natürlich vom Chef selber mit dem charakteristischen Ton auf dem Tenor-und Sopransaxophon. Den erkennen Jazzliebhaber im Schlaf aber im Übermaß schläfert er auch ein, denn allzu abwechslungsreich spielt Doldinger immer noch nicht. Nach ihm kamen in schöner Regelmäßigkeit Gitarrist Peter O'Mara, Pianist Roberto di Gioia und Bassist Jochen Schmidt an die Reihe — ebenfalls mit beachtenswerten, fehlerlosen und weiträumigen Soli, und gemäß dem Ritual durften gegen Ende des Konzerts auch Schlagzeuger Wolfgang Haffner und Percussionist Ernst Stroer sehr schön herumklötern und trommeln. Aber alles klang merkwürdig dröge und abgestanden — als wäre im Jazz seit der besten Zeit von „Passport“ zu Anfang der siebziger Jahre nichts mehr passiert.

Ein wenig geht Doldinger aber doch mit der Mode. Bei seiner neuen Platte schielt er etwa auf die Käuferschicht der New Age Anhänger: Mit sanft säuseligen Klängen und Songs, die „Balance of Happiness“, „Shapes of Light“ oder „Hope“ heißen, und gut zur musikalischen Berieselung in esoterischen Buchhandlungen passen würden. Im Konzert alleerdings schläferten diese neuesten Stücke noch mehr ein als die brasilianisch angehauchten Songs aus der vorherigen Modekonfektion oder die eingestreuten Standards wie Milt Jacksons „Bags Groove“.

„Passport“ ist heute nur noch Doldingers Hobby, sein Geld verdient er mit Filmmusiken und beim Fernsehen. Dort fällt seine Vorliebe für gefällige und eingängige Melodien auf goldenen Boden. Auch im Konzert plätscherte „Passport“ trotz der Lautstärke und technischen Raffinessen der Musiker zu oft wie Filmmusik dahin. So war es nur konsequent, daß Doldinger auch den Titelsong aus dem Soundtrack des Filmes „Das Boot“ spielte. Seine Erkennungsmelodie der Fernsehreihe „Tatort“ ist uns allerdings erspart geblieben. Willy Taub