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Kontostand in Feindeshand

■ Trotz aufwendiger Sicherheitsvorkehrungen: EDV-Ausdrucke über die Bankvermögen zahlreicher BerlinerInnen bei der taz gelandet/ Künftig will die Dresdner Bank die Zettelwirtschaft abschaffen

Berlin. Auch wer vom Datenschutz nichts hält, weil er angeblich nichts zu verbergen hat — beim Bankvermögen werden selbst die Verfechter von rigorosen Polizeikarteien zu Datenschützern: Der taz wurden jetzt Informationen über die Bankvermögen zahlreicher BerlinerInnen zugespielt — darunter auch ein prominenter Professor des Otto-Suhr-Instituts. Die nur für den internen Gebrauch angefertigten sogenannten »Pendelkarten« der Dresdner Bank verzeichnen die Salden und Umsätze von Girokonten, Wertpapierbesitz oder Sparkonten der betroffenen Kunden. Theoretisch werden die Bestände von bis zu 300 weiteren Vermögens- bzw. Verschuldungsarten aufgelistet. Mit den Pendelkarten sollen eigentlich die Kundenberater den schnellen Überblick über die Bankvermögen bekommen — jetzt hat die taz den Überblick.

Je nach Bedarf, in der Regel einmal monatlich, werden die Pendelkarten von den EDV-Systemen ausgespuckt. Geraten die Papiere in die falschen Hände, kann das Wissen über die Kontonummern und -stände — oder etwaige Verschuldung — mißbraucht werden: Arbeitgeber könnten nachschauen, ob ihre Angestellten überschuldet sind, Erpresser können sich zunächst einmal über das Bankvermögen ihrer Opfer informieren, Ehewillige brauchen sich nicht mehr auf das Ehrenwort ihrer PartnerInnen verlassen.

Angeblich sind die Sicherheitsvorkehrungen der Dresdner Bank hoch: Der gesamte Abfall werde zunächst im Hause gesammelt, sagte der Leiter der betroffenen Filiale. Damit es keine Verwechslungen zwischen den datenschutzwürdigen Papieren und dem normalen Abfall gibt, würden selbst »Kaffeesatz und Joghurtbecher« zur Verschlußsache erklärt. Zwei Spezialunternehmen seien damit beauftragt, den Müll aus den 80 Filialen abzuholen. In der Zentrale der Dresdner Bank werde der gesamte Abfall gesammelt, um ihn anschließend in der Müllverbrennungsanlage in Ruhleben zu vernichten. Dazu seien die Transportunternehmen speziell von der Berliner Stadtreinigung zugelassen worden. Nur die allergeheimsten Papiere würden direkt in den Filialen in den Reißwolf geschickt. Die Pendelkarten gehören nicht dazu und werden durch die ganze Stadt transportiert.

Das immer »alle menschlichen Schwächen möglich sind«, wie es der Sicherheitsbeauftragte der Dresdner Bank, Klaus Schulze, formulierte, zeigt sich bei den Pendelkarten, die jetzt im Besitz der taz sind. Nach Angaben des taz-Informanten wurden die Pendelkarten in einem Müllcontainer gefunden, wo sie ursprünglich als Schmierpapier mitgenommen wurden. Erst später war aufgefallen, daß mit den einseitig bedruckten Papieren das Bankgeheimnis erheblich verletzt wird.

Entsprechend entsetzt waren die Betroffenen, die von der taz über ihre jüngsten Bankvermögen informiert wurden. Eine Hausfrau mit 12.000 DM auf dem Girokonto und 7.000 auf dem Sparkonto: »Ich seh' nicht ein, daß ich das hinnehme — da muß doch irgend etwas passieren.« Vom Sichbeschweren alleine hält sie nicht viel: »Dann kommen die ja mit einem blauen Auge davon.« Eine Lehrerin, die mit 153.000 DM bei der Dresdner Bank in Schuld steht, war empört, doch Wechseln kann sie die Bank wegen des Kredits nicht. Ein anderer: »Das ist unterm Strich, das darf nicht passieren.«

Der Berliner Datenschutzbeauftragte Dr. Hansjürgen Garstka forderte auf Anfrage der taz, daß bei der Datenvernichtung »sehr sorgfältig« vorgegangen werden müsse: Sensitive Daten dürften nur dann in Ruhleben verbrannt werden, wenn die Aufsichtskette bei Lagerung, Transport und Vernichtung gesichert ist. Andernfalls sei eine »Vernichtung vor Ort auf alle Fälle vorzuziehen«.

Nicht aus datenschutzrechtlichen Bedenken, sondern weil das Ausdrucken der Daten zu teuer und umständlich ist, will die Dresdner Bank die Zettelwirtschaft mit den Pendelkarten abschaffen. Anfang kommenden Jahres, so Schulze, würden die Pendelkarten durch Computerterminals und entsprechende Programme ersetzt. Wer dann an die Daten herankommen will, kann nicht mehr in den Mülleimer gucken, sondern muß sich per Modem ins System einklinken. Rochus Görgen

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