: Sterntaler mit Übergewicht
■ In der Nacht zum Freitag (MEZ) verteidigt James „Buster“ Douglas gegen Evander Holyfield seinen Weltmeistertitel im Schwergewichtsboxen
Berlin (taz) — Auch wenn er selbst stets das Gegenteil beteuerte, der gute James „Buster“ Douglas aus Columbus, er selbst hatte vor acht Monaten in Tokio wohl am allerwenigsten damit gerechnet, daß er nach seinem Kampf gegen den vermeintlich unschlagbaren menschlichen Bulldozer Mike Tyson den Ring als Sieger verlassen würde. Doch dann wirkte Tyson erstaunlich kraftlos, lief in eine mächtige Linke des 30jährigen Herausforderers und sackte nach einigen weiteren Hieben wie ein geplatzter Luftballon in sich zusammen.
Der vorher weithin unbekannte Douglas war plötzlich Schwergewichtsweltmeister und muß sich vorgekommen sein wie Sterntaler höchstpersönlich.
Nach einem offenkundigen, schnell gescheiterten Betrugsversuch von Tyson-Manager Don King, der den Kampf mit fadenscheiniger Begründung annullieren wollte, konnte Buster daran gehen, die Früchte der Sensation zu ernten. Er ließ sich gegen Entgelt in mondänen Nachtclubs feiern, speiste mit Größen wie Kirk Douglas und Frank Sinatra, wurde vom Präsidenten George Bush nach Saudi-Arabien geschickt, damit dessen Wüstenrambos mal ordentliche Muskeln bestaunen konnten, und nahm bei diesen und ähnlichen Festivitäten stolze 25 Kilo zu.
Kein Wunder, daß er unter diesen Umständen bei seiner Titelverteidigung gegen den 28jährigen Evander Holyfield in der Nacht zum Freitag (live in Tele 5) nicht unbedingt der Favorit ist. „Natürlich weiß ich, daß ich zeigen muß, daß mein Sieg über Tyson keine Eintagsfliege war. Ich werde Champion bleiben, das steht fest“, gibt sich Douglas dennoch zuversichtlich.
Aber auch, wenn Holyfield seine finstere Drohung: „Ich werde ihn zerschlagen“, wahrmacht, wartet ein hübsches Trostpflaster auf den Weltmeister. Während Holyfield sich mit schlappen 1,8 Millionen Dollar begnügen muß, kassiert Douglas für den Kampf 24 Millionen.
Und selbst im Falle einer Niederlage geht der Geldsegen weiter, denn das Rennen der Veranstalter um den Überraschungschamp konnte Hotelmagnat Steve Wynn nur dadurch für sich entscheiden, daß er ihm auch für den nächsten Kampf, egal ob als Titelträger oder nicht, eine Börse von 30 Millionen Dollar garantierte.
Mike Tyson hat für den Kampf, der wegen geringen Zuschauerinteresses ein Debakel zu werden droht, nur Verachtung übrig. „Das ist doch ein Witz“, meint er, „ich bin der Beste“.
Nach Ansicht Don Kings muß der Sieger des Douglas-Holyfield- Fights in den nächsten drei Monaten gegen Tyson antreten, die Betroffenen sehen das allerdings anders. Holyfield hat bereits den Vertrag für einen Kampf mit dem 40jährigen Ex- Weltmeister George Foreman unterschrieben. Matti
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen