piwik no script img

Soldaten Gottes

■ Erzbischof von Recife setzte die Militärpolizei gegen Befreiungstheologen ein

Recife (taz) — Mit der Militärpolizei hatte der Befreiungstheologe Reginaldo Veloso schon öfter zu tun. Zehn Jahre ist es her, als das damalige Militärregime Brasiliens den Pfarrer für ein Jahr hinter Gitter steckte. Grund: Er hatte ein Lied geschrieben über den Kampf eines Priesters an der Seite nordostbrasilianischer Zuckerrohrarbeiter. Doch die Begegnung, die Veloso am Wochenende mit den Militärs hatte, war schon ungewöhnlich: 40 Militärpolizisten hatte der Erzbischof von Recife und Olinda, Dom Jose Cardoso, in Velosos Armengemeinde auf dem „Morro de Conceiao“ geschickt, dem „Hügel der Empfängnis“ am Rande der Millionenstadt Recife. An der Seite des Generalvikars, vor der versammelten und konsternierten Kirchengemeinde, brachen sie mangels Schlüssel die Kirchenräume auf.

Die Schlüssel zum Kirchengebäude kursieren seit zehn Monaten unter den Gemeindemitgliedern. Damals hatte der konservative Erzbischof den Befreiungstheologen seines Amtes enthoben und einen polnischen Pfarrer eingesetzt. „Weil ich immer so viel reise und mehr Versammlungen als Messen zelebriere“, so Veloso, der die Nachricht durchs Fernsehen erfuhr.

Aber die Gemeinde auf dem „Morro“ mit seinen 40.000 Bewohnern protestierte gegen die Entlassung und gab trotz mehrerer erzbischöflicher Abgesandter die Kirchenschlüssel nicht heraus.

In der Diözese von Recife hatte vor zwanzig Jahren Ex-Bischof Dom Helder Camara die „Kirche der Armen“ aufgebaut. Seit Camaras Abgang 1985 wurden ständig Kirchenleute entlassen, die sich Slumbewohnern oder Landlosen widmeten. Der neue Erzbischof Dom José Cardoso hat eigene Prioritäten: Vergangene Woche eröffnete er die „Woche der Luftfahrt“ mit einer Militärmesse. Und vor Velosos Kirche stehen nun Patrouillen, die für „Ruhe und Ordnung“ sorgen sollen. Uwe Pollmann

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen