: U-Boot: Fälschen auf höhere Weisung
■ Aus Bonn Gerd Nowakowski
Die regierungsamtliche Vertuschung der U-Boot-Affäre wird durch ein neu aufgetauchtes Dokument erneut bloßgelegt. Das 1987 für die Einstellung eines Bußgeldverfahrens gegen die U-Boot-Lieferanten entscheidende Gutachten sei auf Anweisung von „höheren Orts“ abgefaßt worden, bekräftigt ein interner Vermerk aus dem Kölner Zollkriminalinstitut vom Juli dieses Jahres.
Ausdrücklich wird im Vermerk auf die taz Bezug genommen und die am 25. Juni gemachte Darstellung bestätigt. In dem damaligen Gutachten des Bundesamtes für Wirtschaft (BAW) in Eschborn kam Referatsleiter Geisel 1987 zu dem Ergebnis, mit den illegal nach Südafrika ausgeführten Blaupausen lasse sich kein funktionsfähiges U-Boot bauen; der Export sei deshalb genehmigungsfrei gewesen. Geisel hatte zuvor niemals ein U-Boot gesehen noch begutachtet.
Nach dem neuerlichen Hinweis auf das gefälschte Gutachten gerät abermals der damalige Finanzminister Stoltenberg ins Zwielicht. Denn gegenüber Mitarbeitern des dem Finanzministerium unterstellten Zentralen Zoll-Kriminalamts (ZKI) hatte Geisel bereits Ende 1988 von dem Fälschungsauftrag berichtet. Die ZKI-Mitarbeiter hatten anschließend auch festgehalten, daß es aufgrund dieses Gutachtens „nicht zu den entsprechenden Ermittlungen nach dem Außenwirtschaftsrecht gekommen ist“. Ermittlungen blieben freilich auch weiterhin aus.
Die SPD erwägt, den Untersuchungsausschuß zur Aufklärung nach der Bundestagswahl erneut einzusetzen. Voraussetzung sei allerdings die Freigabe der bei den Firmen beschlagnahmten Akten. In einem Resümee der vierjährigen Untersuchungstätigkeit hielten es die Ausschußmitglieder Stobbe und Gansel für erwiesen, daß die Bundesregierung von der Anbahnung des Geschäfts wußte, jedoch nichts unternommen habe, um seine Durchführung zu verhindern. Außerdem habe sie die Verantwortlichen des Rüstungsgeschäfts geschützt, ihre Strafverfolgung verzögert und erschwert und die eigene Mitverantwortung für die Lieferungen zu verdecken gesucht. Mit ihrer Handlung habe die Bundesregierung „das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat erschüttert“.
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