: PDS wird parlamentarische Gruppe
■ Der Bundestag verweigert der PDS den Fraktionsstatus/ 400.000 D-Mark im Monat aus dem Bundeshaushalt/ Weiter Unklarheit über die 100 Millionen/ Strafanzeige gegen Kaufmann
Bonn (ap/dpa) — Die Bundestagsmehrheit hat den 24 Abgeordneten der SED-Nachfolgepartei PDS den gewünschten Fraktionsstatus verweigert, ihr aber den Rang einer parlamentarischen Gruppe eingeräumt.
CDU/CSU, FDP und SPD stimmten am Mittwoch einer Empfehlung des Ältestenrates zu, nach der die PDS-Parlamentarier in den Ausschüssen nur als beratende Mitglieder mitwirken können. Sie haben aber Antragsrecht, bekommen in den Debatten anteilige Redezeit und pro Monat knapp 400.000 D-Mark aus dem Bundeshaushalt. Der PDS stehen pro Debattenstunde künftig fünf Minuten Redezeit zu, den Koalitionsfraktionen weiterhin 34 Minuten, den Sozialdemokraten zwanzig Minuten und den Grünen sieben Minuten.
Für die Anerkennung als eigene Fraktion wären laut Geschäftsordnung des Bundestages fünf Prozent der Mitglieder des Bundestages, also 34 Abgeordnete, erforderlich gewesen.
Die Firma „Putnik“ in Moskau unbekannt
Eine sowjetische Firma mit dem Namen Putnik, auf deren Konto Millionenbeträge von der PDS geflossen sein sollen, soll in Moskau unbekannt sein. Dies jedenfalls ergaben Recherchen des Büros der Berliner Zeitung 'Junge Welt‘ in Moskau.
Der in der internationalen Abteilung für die Beziehungen der KPdSU zur ehemaligen DDR zuständige Mitarbeiter Andrej Tarasow wird am Mittwoch in dem Blatt mit der Äußerung zitiert, daß die Abteilung zu keiner Firma Putnik Kontakt hätte. Weder kenne er solch eine Firma, noch wüßte er etwas von einem Kaufmann.
Kaufmann, Mitarbeiter der Firma Putnik und ehrenamtlicher PDS-Mitarbeiter in Halle, gilt als Schlüsselfigur in dem Millionentransfer. Dabei gibt es schon seit Tagen ein Verwirrspiel um Kaufmann. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung in Halle waren nach Angaben der Polizei Beweise für hohe finanzielle Transaktionen von PDS-Konten gefunden worden.
Die Rolle Kaufmanns, der verschwunden und Alleinverfügungsberechtigter über das Konto der PDS bei der Deutschen Handelsbank sein soll, blieb auch gestern undurchsichtig. Es gibt Informationen, nach denen er sich in Moskau sein soll. Gegen ihn sowie einen sowjetischen Staatsbürger wurde Strafanzeige von Unbekannt erstattet. Die Anzeigen lauten auf Verdacht der Untreue zum Nachteil der PDS, teilte der Anwalt der Partei, Klaus Eschen, gestern mit.
Nach Angaben der PDS-Geschäftsstelle Saalekreis in Halle hatte Kaufmann am Montag telefonisch mitgeteilt, die gegen ihn erhobenen Vorwürfen entbehrten jeder Grundlage.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen