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Fünf Länder auferstanden aus Ruinen

■ Alle fünf neuen Landtage konstituiert/ Schwerin gewinnt den Hauptstadtstreit im Norden Biedenkopf mit überraschend vielen, Gies (Sachsen-Anhalt) mit erstaunlich wenigen Stimmen gewählt

Dresden/Dessau/Schwerin (afp/ dpa/taz) — Alle fünf ostdeutschen Länder sind mit der Konstituierung der Landesparlamente nach 38 Jahren juristisch wiedererstanden. Als letztes Parlament trat der Landtag von Sachsen-Anhalt am Sonntag in einer Dessauer Bundeswehrkaserne zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Am Vortag hatte sich in Dresden der sächsische Landtag zu seiner ersten Sitzung versammelt und das Land mit großer Mehrheit zum „Freistaat“ erklärt. In Mecklenburg-Vorpommern wurde am Samstag Alfred Gomolka (CDU) zum Regierungschef gewählt und Schwerin als Landeshauptstadt bestimmt.

Der Landtag von Sachsen-Anhalt wählte auf seiner konstituierenden Sitzung am Sonntag in Dessau den CDU-Spitzenkandidaten Gerd Gies (47) erwartungsgemäß zum Ministerpräsidenten. Gies erhielt jedoch nur 59 Stimmen, obwohl die ihn stützende CDU-FDP-Koalition 62 Sitze im Parlament hat. Der kurzfristig aufgestellte Gegenkandidat Hans- Jochen Tschiche (Bündnis90/ Grüne) erhielt 30 Stimmen, 13 Abgeordnete enthielten sich und vier Stimmen waren ungültig. In seiner Antrittsrede versprach Gies, Sachsen- Anhalt werde bald wieder ein blühendes Land im Herzen Deutschlands sein.

Am Vormittag hatte der Landtag den CDU-Politiker Klaus Keitel (51) zum Landtagspräsidenten gewählt. Der Regierungsbevollmächtigte des Bezirks Halle erhielt die deutliche Mehrheit von 84 der insgesamt 106 Stimmen. Keitel gehört der CDU erst seit Mai dieses Jahres an und hatte vor der Wende keine politischen Ämter inne. Die Abgeordneten des Landtages verabschiedeten außerdem ein Gesetz über die vorläufige Ordnung der Regierungsgewalt im Land Sachsen-Anhalt. Zu Beginn der Landtagssitzung war CDU-Chef Gies überraschend ins Parlament nachgerückt, nachdem der CDU- Abgeordnete Armin Kleinau sein Mandat zurückgegeben hatte.

Vor Beginn der Landtagssitzung hatten CDU und FDP ihre Koalitionsvereinbarung unterzeichnet. Die Zusammensetzung des Kabinetts soll jedoch erst in der kommenden Woche bekanntgegeben werden.

In Dresden wurde der CDU-Spitzenkandidat Kurt Biedenkopf von den anwesenden 152 Abgeordneten mit großer Mehrheit zum sächsischen Ministerpräsidenten gewählt. Er erhielt 120 Stimmen. Seine Fraktion verfügt über die absolute Mehrheit von 92 Sitzen. Seine Regierung will Biedenkopf am 8. November vorstellen.

Der Landtag von Mecklenburg- Vorpommern wählte am Samstag Schwerin zur Hauptstadt des neuen Bundeslandes. Er entschied sich in geheimer Abstimmung gegen die Hansestadt Rostock und beendete mit 40 Stimmen für Schwerin und 25 für Rostock bei einer Enthaltung einen monatelangen Streit um den künftigen Sitz von Landesparlament und Regierung. Zuvor war erwartungsgemäß Gomolka zum Schweriner Regierungschef gewählt worden. Der 48jährige Hochschullehrer erhielt 36 Stimmen bei 29 Gegenvoten und einer Enthaltung. Anschließend wurden die acht Minister des Kabinetts vereidigt, von denen sechs der CDU und zwei der FDP angehören. Gomolka erhielt bei seiner Wahl auch zwei Stimmen der Opposition. CDU und FDP verfügen zusammen mit dem parteilosen Abgeordneten Wolfgang Schulz nur über 34 Mandate im Landtag. Die SPD-geführte Regierung in Brandenburg will der designierte Ministerpräsident Manfred Stolpe am Donnerstag in Potsdam vorstellen.

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