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Instandbesetzer wollen endlich Hilfe vom Magistrat

■ Ein ganz normales, besetztes Haus in Mitte/ Einzige Finanzierungsquellen ist ein monatlicher Obolus der Hausbewohner und ein kleines Kiez-Café Viel Improvisation, wenig Geld und die Angst, geräumt zu werden/ BewohnerInnen fühlen sich von den Verantwortlichen im Magistrat im Stich gelassen

Mitte. »Die Küche ist das Zentrum«, sagt Cris, »hier treffen wir uns zu Besprechungen, zum Plenum und natürlich auch zum Kochen. Die Küche ist unser Kommunikationszentrum.« Doch bevor man jenes »Zentrum« erreicht, muß man sich durch eine ganze Ansammlung von Fahr- und Motorrädern, die im Hausflur des über einhundertfünfzig Jahre alten Hauses abgestellt sind, durchkämpfen, um dann die drei Etagen bis direkt unters Dach zu erklimmen. Jener Raum ist die bisher einzige benutzbare Küche des instandbesetzten Hauses Tucholskystraße 32 — zu viele andere Arbeiten waren seit der Besetzung im Februar dieses Jahres zu bewältigen. So machten sich die momentan 16 Bewohner des Hauses daran, die maroden Abwasserleitungen wieder instand zu setzen, in denen sich die Überreste einer seit fünfzig Jahren im Haus befindlichen Fleischerei zu einer undefinierbaren Masse vereinigt hatten und jeglichen Gebrauch von Toiletten oder Waschbecken unmöglich machte. Der Hof wurde entrümpelt, die Keller begehbar gemacht, und in den Geschäftsräumen einer ehemaligen Buchhandlung eröffneten die BesetzerInnen ein Café. Die Einnahmen kommen der Finanzierung der Hausinstandsetzung zugute. Alle arbeiten dort ohne Entlohnung, denn jeder Pfennig wird gebraucht, um den zu realsozialistischen Zeiten »leergezogenen« Bau zu retten, die Wohnsubstanz zu erhalten und zu sanieren.

Eine andere Einnahmequelle ist neben dem Café ein monatlicher Beitrag der Bewohner in eine Gemeinschaftskasse. Davon werden Werkzeuge gekauft, Baumaterialien und ähnliche Dinge. Zur Zeit ist man dabei, die maroden Schornsteinköpfe zu erneuern — als vorläufig letzten Akt der Winterfestmachung. Von den vor einiger Zeit vom Magistrat angekündigten 20 Millionen Mark für Winterfestmachungen von »Wohnungsleerstand« hat man hier noch keinen Pfennig gesehen. Dafür ist die Angst, geräumt zu werden, größer geworden — denn seit der Magistrat einseitig die Verhandlungen um die besetzten Häuser aufgekündigt hat, bewegen sich die BesetzerInnen praktisch in einem Rechtsvakuum. Sie fragen sich, ob all die Investitionen, die sie aus den bescheidenen Eigenmitteln tätigen konnten sowie die monatelange Arbeit nicht doch umsonst gewesen sind.

Selbst der Versuch, eine »juristische Person« zu werden, scheiterte bisher an den schier unüberwindlichen Hürden der Bürokratie. »Zwar hatten wir beim zuständigen Gericht den Status eines gemeinnützigen Vereins beantragt«, erzählt Sven, der seit März in diesem Haus wohnt, »doch erst war unsere Akte verschwunden und als wir uns jetzt wieder einmal nach dem Stand der Dinge erkundigen wollten, hing an dem Gerichtsgebäude ein Schild, auf dem stand, daß nun eine Institution in Charlottenburg für uns zuständig sei.«

Bisher funktionierte die Selbsthilfe im Haus ziemlich gut. Immer »kannte einer einen, der einen kannte«, der in irgendeinem Handwerk firm war. So war das mit dem Ofensetzer, beim Dachdecker, der demnächst die lecken Stellen mit ein paar Dachziegeln abdichten will, ist es nicht anders. Doch irgendwann wird sich diese Art Improvisation erschöpft haben. »Was wir brauchen ist ein Mindestmaß an Unterstützung durch den Magistrat«, so einer der Besetzer, »schließlich erhalten wir hier Wohnraum, der andernfalls umweigerlich verfallen würde. Man hat uns jetzt lange genug verarscht.« Olaf Kampmann

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