Der Stein des Anstoßes

■ Bei der Fußball-Eintracht aus Frankfurt wird wieder einmal der falsche Esel geprügelt PRESS-SCHLAG

Einer der profiliertesten Fußballspieler der Republik hat — ein Novum in der DFB-Vereinsgeschichte — eine arbeitsrechtlich wirksame Abmahnung erhalten: Torwart Ulrich („Uli“) Stein von der Frankfurter Eintracht darf zukünftig den mental übergeschnappten Andreas („Andi“) Möller nicht mehr verbal in die Anstandsschranken verweisen.

Und der flotte Ex-Hamburger, der vor Jahren einen Bayern per Faustschlag von den Beinen holte und dafür vom HSV geschaßt wurde, darf auch Trainer Jörg Berger nicht mehr empfehlen, eben diesen an Ominpotenzphantasien leidenden Andreas Möller doch bitte schön auf die Tribüne zu verbannen, denn „der Trainer bin ich“ (Berger).

Das sieht auch das Präsidium so, das dem verkrampfen Jungsternchen Möller die Stange hält — schließlich ist der Ex-Dortmunder ein paar Jährchen jünger als Stein und hat ein paar Milliönchen mehr gekostet. Stein soll die Klappe halten, Bein das Spiel machen und Möller, der Gerüchten zufolge vor jedem Einsatz gewickelt werden muß, den sensiblen Superstar spielen dürfen, vor dem alle anderen auf dem Bauch zu liegen haben. Protektion ist schließlich alles im Profi-Fußball. Eintracht Frankfurt — von der Spitzenmannschaft mit den begnadeten Fußballern zur Jammertruppe mit Streithähnen.

Wenn jetzt „Uli“ Stein, den die Eintracht-Fans aus der Westkurve abgöttisch lieben, und der den Mainischen schon manchen Sieg rettete, den Möller, Bein und Gründel im Mittelfeld zu verstolpern drohten, dafür büßen soll, daß der mit gespaltener Zunge daherplappernde Möller eine der besten Bundesliga-Mannschaften aller Zeiten in tiefe Depressionen gestürzt hat, so stellt das den „Spielverlauf“ auf den Kopf.

Denn bevor Andreas Möller an den Main kam, spielte die Eintracht mit ihrer glänzenden Mittelfeldachse Bein — Gründel — Falkenmeyer und mit ihrem wunderbaren Libero Binz nämlich wie aus einem Guß. Und der Afrikaner Yeboah und sein Anhang brachten zu Saisonbeginn zusätzlich Begeisterung und Farbe ins Spiel und auf die Ränge.

Doch dann kam Möller und erwartete, daß sich diese Traum-Elf mit den gestandenen Spielern Bein und Stein ihm unterordnen würde, denn der mit den Vorschußlorbeeren eines „begnadeten Fußballers“ (Neu-Bundestrainer Berti Vogts) angereiste Möller wurde schon in Dortmund von Starallüren geplagt.

Andi“ Möller war ein Hätschelkind der Medien — und ist das beste Beispiel dafür, wie auch ein überdurchschnittlicher Fußballer mit charakterlichen Schwächen und einem wohlkalkulierten Drang zum großen Geld nie eine sogenannte Spielerpersönlichkeit werden kann. Wirklich bedauerlich, daß es Möller in der letzten Saison nicht geschafft hat, einen Vertrag mit einem italienischen Club abzuschließen. Die Einträcht wäre ihn los gewesen und hätte die Chance gehabt, in dieser Saison tatsächlich Meister zu werden.

So wird sich die Truppe ins gesicherte Mittelfeld der Liga spielen, Uwe Bein wird weiter nach Italien schielen und der hitzköpfige „Uli“ Stein vielleicht demnächst beim Arbeitsamt auf der Matte stehen. Berger hat nach der 1:4-Heimniederlage gegen die Bayern zumindest „die Peitsche“ angekündigt.

Vielleicht läßt er sie ja tatsächlich auf dem Rücken des überheblichen Möller tanzen: Vier Wochen auf der harten Tribünenbank würden dem arroganten Schnösel mit dem Opel-„Calibra“ nichts schaden — aber der Mannschaft vielleicht das alte Selbstvertrauen zurückgeben. Klaus-Peter Klingelschmitt