: Die Gewalt als natürliche Folge des Unrechts?
■ betr.: Das Attentat auf Schäuble, taz 43/90
betr.: Das Attentat auf Schäuble, taz 43/90
Wie bereits aus den Medien teils zu erfahren war, wurde der Attentäter Kaufmann per staatlicher Verordnung mit Psychopharmaka über Jahre hinweg vollgepumpt bis zur nahezu physischen und psychischen Zerstörung. Es war die Rede davon, daß skandalöse Medikamentversuche in jenem Gefängnis vorgeherrscht haben, in dem Kaufmann seinerzeit einsaß.
Die Vernichtung von Menschenleben — und die kann auch psychisch gesehen — ist Mord und letztere ist noch schlimmer, da diese Menschen sinnentleert mit der geballten Faust in der Tasche durchs Leben irren, um irgendwann mal „draufzuschlagen“ — egal auf wen! Denn mit der solchermaßen Vernichtung wird auch das Rechtsbewußtsein dieser Menschen zerstört. Und wer könnte einem Menschen einer Untat bezichtigen, dem ein solches Schicksal widerfahren ist?
Es stellt sich höchstbrisant die Frage: Wie kann ein Staat noch Rechtschaffenheit von seinen Bürgern verlangen, wenn er selbst die Unrechtschaffenheit in Gestalt ist?
Solange der „BRD-Staat mit seinen Organen“ nicht willens ist, in diese Ursachensphäre hinabzutauchen, sollte er leise, verdammt leise treten, mit der — sensationslüsternen — Verurteilung von Attentätern, wie es Kaufmann einer war.
In unserem Gesellschaftssystem herrscht fraglos viel Unrecht. Die Gewalt ist die natürliche Folge des Unrechts. Der „BRD-Staat“ muß lernen, zuerst das Unrecht zu bekämpfen — und dann die Gewalt — und nicht umgekehrt. V.B.J. Rechtshilfe e.V., Garmisch-Partenkirchen
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