CDU trennt sich von Ost-Vermögen

■ Generalsekretär spricht von „notwendigem Kahlschlag“/ Parteivermögen nun mit 13 Millionen Mark veranschlagt/ Bundestag soll eine neue Kommission einsetzen/ SPD vermutet einen simplen Trick

Berlin (taz/dpa) — CDU-Generalsekretär Volker Rühe machte gestern einen Schnitt: Die Christdemokraten verzichten auf das Parteivermögen der alten Ost-CDU. Dies kündigte Rühe bei der Vorlage der Vermögensbilanz für die ehemalige Blockpartei an. Er sprach von einem „notwendigen Kahlschlag“ und forderte die anderen Parteien auf, dem Beispiel der CDU zu folgen.

Der Verzicht der CDU bezieht sich vor allem auf die Gebäude und Beteiligungen, die der CDU gehören. Weiter will die CDU auf Ansprüche aus Nutzungsrechten an Objekten sowie aus Investitionen verzichten. Soweit sie nicht an frühere Eigentümer zurückgegeben werden können, sollen sie für gemeinnützige Zwecke eingesetzt werden.

Für die SPD hat sich die CDU unter dem Druck der Sozialdemokraten „ein Stück bewegt“. Die „große, saubere Lösung“ sei das aber noch nicht, erklärte die SPD-Finanzexpertin Ingrid Matthäus-Maier. Sie verwies darauf, daß nach Aussage von Rühe alle fraglichen Objekte in der ehemaligen DDR nicht im Eigentum der Bundes-CDU, sondern der rechtlich selbständigen Untergliederungen der Partei seien. Deshalb habe die Bundes-CDU auf kein Objekt verzichtet. Frau Matthäus-Maier sieht in der Aktion nichts anderes als „den wohlkalkulierten Versuch der bewußten Täuschung der Öffentlichkeit“.

Das Thema Parteienvermögen beschäftigte gestern auch die Koalitionsrunde unter Vorsitz von Bundeskanzler Helmut Kohl. Beschlossen wurde, eine unabhängige Kommission des Bundestages zur Erfassung von Partei- und Organisationsvermögen in der ehemaligen DDR einzusetzen. Der neue Bundestagsausschuß „Treuhandanstalt“ forderte die Bundesregierung auf, rückwirkend vom 1. Januar 1990 an sämtliche Geschäftsvorfälle und Transaktionen bei Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen DDR lückenlos zu ermitteln.

Rühe hatte das Gesamtvermögen der Ost-CDU auf gerade mal 1,5 Millionen Mark beziffert. Tatsächlich beläuft sich das Reinvermögen der Ost-CDU und der mit ihr zusammengeschlossenen Bauernpartei und dem Demokratischen Aufbruch nach der von einem Wirtschaftsprüfer vorgelegten Bilanz auf etwa 13 Millionen Mark. Das Haus- und Grundvermögen von CDU und Bauernpartei wird auf 1,3 Millionen Mark beziffert, wobei dieser Wert nach der in der DDR allgemein geführten Grundmittelkartei festgestellt wurde. Es handelt sich um sechs Objekte. 41 weitere Objekte — elf von der CDU und dreißig von der Bauernpartei — waren Volkseigentum und standen den Organisationen nur in Rechtsträgerschaft zur Nutzung zur Verfügung.

Die Ost-CDU verfügte auch über eine Holding — die „Union Verwaltungsgesellschaft mbH“ (UVG) —, die eine Reihe von Wirtschaftsbetrieben verwaltete, vorwiegend Verlagseinrichtungen sowie das Hotel „Russischer Hof“ in Weimar. Das Nominalkapital dieser Gesellschaft wurde in der Bilanz mit 15 Millionen Mark festgelegt. Im Gründungsvertrag der UVG wurde das Stammkapital aber mit 60 Millionen ausgewiesen. Da diese Betriebe den Angaben zufolge nahezu alle verschuldet sind, wurde die Beteiligung abgeschrieben und nur mit einem Erinnerungswert von einer D-Mark bewertet. Nach einem Bericht an die unabhängige Regierungskommission belief sich das Kontovermögen der Ost- CDU zum Stichtag 22. Juni auf 26,316 Millionen Mark.

Der Verzicht auf das Parteivermögen der alten Blockparteien dürfte den Liberalen schwerer als der CDU fallen. In ihrer Vermögensbilanz an die Regierungskommission deklarierte FDP-Chef Ortleb im Juni die Höhe des Parteivermögens für die Gebäude und Anlagen der Partei mit über 26 Millionen Mark. Das Besondere bei den Liberalen: Sie übernahmen bei der Vereinigung mit den Ostparteien nicht nur Rechtsträgerschaften, sondern auch „Parteieigentum“ im Wert von über 7,7 Millionen. Auch an Barvermögen hat die FDP ungleich mehr erhalten. Neben Gebäuden und Liegenschaften brachte die LDPD weitere 10,2 Millionen Mark auf ihren Konten mit — die NDPD steuerte weitere 25 Millionen Mark bei. wg.