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Studentenwerk wirkt jetzt auch im Ostteil

■ Beginn mit Bestandsaufnahme: Zu hoher Personalstand in Wohnheimen und Mensa Ost

Berlin. Das Hilfswerk der Berliner Studentenschaft ist seit dem 3. Oktober auch für die alte »sozialistische Metropole« zuständig. Und dort können sich die Studenten jetzt freuen, all die bewährten Einrichtungen und Hilfsangebote des Westberliner Studentenhilfswerkes zu nutzen, mit denen der Verein die »soziale, gesundheitliche, wirtschaftliche und kulturelle Betreuung der Studenten« organisiert. Proportional zur Ausdehnung steigen für das Hilfswerk die Probleme. Und das vor allem — wie überall im Jahr eins des neuen Vaterlandes — beim Geld. Die Dächer über den Studentenköpfen müssen renoviert, die »Verpflegungsstützpunkte«, auch Mensen genannt, übernommen und möglichst wirtschaftlich weitergeführt werden. Die Angestellten des wirtschaftlich-sozialen Hochschulbereichs erwarten am Monatsende auch weiterhin eine gefüllte Lohntüte.

Weil in Zukunft mehr darin sein sollte, wurden schon Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag aufgenommen. Wichtiges Detail war auch hier das Wohnortprinzip. Wer jetzt vom Hilfswerk übernommen wurde, aber vor dem 1.9.90 seine polizeilich gemeldeten vier Wände in Ost-Berlin hatte, sollte auch nur nach dem dort geltendem Tarif bezahlt werden. Dieses Vorhaben ist aber geplatzt. Also haben die Angestellten Ost jetzt einen Anspruch auf das entsprechende Westgehalt, was die finanziellen Probleme des Hilfswerks nicht eben verringert. Aber nicht nur Geld, auch unterschiedliche Gewohnheiten verlangen nach einer Lösung. Im Studentenheim West sind die Wohnheimverwalter kaufmännische Angestellte und vor allem für die Wirtschaftlichkeit des Hauses verantwortlich. Im Osten aber waren sie Lehrer und verfolgten eher erzieherische Pflichten in der Heimleitung. Die sind nun nicht mehr gefragt; die Personaldecke wird generell als zu hoch angesehen. Wo in der Mensaküche Ost zehn Frauen abwaschen, rumpelt im Westteil eine Spülmaschine.

Zur Zeit macht das Hilfswerk eine Bestandsaufnahme. Gezählt wurden dabei auch 16.000 Studentenschlafplätze, 14.000 davon in Wohnheimen, die allerdings ganze Schlafphasen vom westlichen Standard entfernt sind. Da nämlich gibt es fast ausschließlich Einbettzimmer, im östlichen Berlin meistens Vierbettsäle. Um Erfahrung zu sammeln und erste Ergebnisse auszuwerten, wird das Studentenhilfswerk ab 1. Januar die Mensa Nord austesten. Bis zur endgültigen Übertragung der Vermögensgegenstände der Ost-Unis an das Studentenhilfswerk wird wohl noch ein Winter ins Land ziehen. Dann aber, Mitte 91, sollen die Verhandlungen abgeschlossen sein. Torsten Preuß

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