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Die Nacht der DebutantInnen

■ Schick, dynamisch, glitterig: 27. Bremer Jugendpresseball im Parkhotel

In der Nacht von Freitag auf Samstag lud die Bremer Jugendpresse zum 27. Mal zum Ball ins Parkhotel. Papier war dabei Nebensache, Kaschmir, Seide und Glitter ganz wichtig. Hier, wo vor ein paar Jahren noch die Protestgeneration in Jeans und Batikhemd rockte. ist man heute ausschließlich chic. Oberneuländer und Schwachhauserinnen tun hier den ersten Schritt ins gesellschaftliche Leben. Mit dem Taxi oder den Autos ihrer Eltern sind sie vorgefahren — den Sechserträger Bier auf dem Rücksitz. Auch wenn Pappi dem jungen Kavalier noch einen Zwanziger zugesteckt hat, „damit Du deine Freundin auf ein Glas Sekt einladen kannst“ - im Parkhotel kommt man damit nicht weit. Das kleine Bier kostet 6,50, ein Mixgetränk 15 Mark — viel Geld für 16jährige, auch wenn sie aus den besseren Stadtteilen kommen.

„Auf allgemeinen Wunsch nun ein Wiener Walzer“: wie in der Tanzstunde wird jeder Tanz angesagt, und die Kids können zeigen, ob sie was gelernt haben. So recht will es aber mit dem Tanzen nicht klappen — mehr als ein wildes Geschiebe kommt nicht dabei raus, aber die jungen Damen lächeln ausnahmslos glückselig in den Armen ihrer Tänzer. Die sind alle im Frack oder Abendanzug erschienen, in weißem Hemd mit Fliege oder Krawatte. Die Mädchen zeigen viel Ausschnitt vorne und hinten und sind überhaupt eine Augenweide. Zwischen den Tänzen schlürft sie ein wenig Sekt und er raucht eine Zigarre.

Applaus gibt es für eine Einlage von Bürgerschaftspräsident Dr. Dieter Klink. Der erzählt über das Leben und überreicht den Jahrespreis für die beste Schülerzeitung. Die heißt Deichbruch und kommt aus Bremerhaven . Die Redakteure bekommen einen Scheck über 1000 Mark, wofür sie ihrerseits Herrn Klink ein T-Shirt mit ihrem Logo schenken. Alle Anwesenden können dann die Schülerzeitungen schnell wieder vergessen und sich dem Vergnügen widmen. Auf die Dauer scheint es aber doch langweilig zu sein, chic und erwachsen zu tun.

Ab Mitternacht spielt im Kuppelsaal des Parkhotels nur noch der Plattenspieler Discomusik. Die Fliege liegt auf dem Tisch halb im Aschenbecher und die 17jährige Claudia will ihre Federboa verschenken, zwei Spaßvögel lassen die Hosen fallen und zeigen ihre wunderschönen Boxershorts. Vergessen ist die Tanzschule, „take my body, love me tender“, fordert die Konserve — die Kids werden es schon irgendwie hinkriegen heute oder bei einem anderem Ball oder bei einer Fete in der Garage. Wolfram Steinberg

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