Treuhandanstalt im Kreuzfeuer

■ Momper-Vertrauter schimpft über „lähmenden Zentralismus“ wie in Ex-DDR/ Aber auch Schützenhilfe für Treuhand-Chef Rohwedder

Berlin (taz) — Detlev Rohwedder, Chef der Berliner Treuhandanstalt zur Privatisierung des Volkseigentums der ehemaligen DDR, neige nun wahrlich nicht zur Wehleidigkeit, meinte Thomas Schneider von der Treuhandpressestelle zur taz. Aber ein bißchen entäuscht über das schlechte Image der Treuhand sei er schon. Der Chef über rund 8.000 Betriebe in den fünf neuen Bundesländern und Ostberlin stand am Wochenende wieder im Kreuzfeuer der politischen Auseinandersetzung. Gleichzeitig häuften sich Appelle an Rohwedder, nicht wie angekündigt seinen Job am Berliner Alexanderplatz zum Jahresende aufzugeben und auf den Chefsessel beim Hoesch- Stahlkonzern zurückzukehren.

Als erster meldete sich der Chef der Berliner Staatskanzlei, Dieter Schröder, zu Wort. In einem Interview in der Montagsausgabe der „Berliner Morgenpost“ erhob der Politiker, rechte Hand von Bürgermeister Momper, den Vorwurf, sie verzögere durch schleppende Bearbeitung und mangelnde Entscheidungsfreude wichtige Investitionen im Osten Berlins. „Ich habe den Eindruck, daß die Treuhand auf dem besten Wege ist, den lähmenden Zentralismus der vergangenen DDR noch zu übertreffen“, meinte Schröder. Viele Investitionen würden wegen ungeklärter Grundstücksfragen nicht getätigt, und die Berliner Regierung müsse sich mit der Treuhand „um jedes Grundstück in einem quälenden Prozeß herumschlagen“.

In die gleiche Richtung wie Schröder argumentieren die Länder-Ministerpräsidenten Biedenkopf (Sachsen) und Späth (Baden-Württemberg). Sie fordern eine Regionalisierung der Treuhand mit weitreichendem Einfluß der Länderregierungen. So sollen Privatisierungsentscheidungen schneller fallen, als dies gegenwärtig möglich ist.

Birgit Breuel, einstige Wirtschaftsministerin Niedersachsens und derzeit Vizevforsitzende der Treuhand, hat Rohwedder aufgefordert, nicht zum Hoesch-Konzern zurückzugehen. Damit trat sie indirekt Gerüchten über Kontroversen zwischen Rohwedder und ihr entgegen. Sie selbst hat es abgelehnt, Rohwedders Nachfolge zu übernehmen. Pikanterweise wird sie als mögliche Wirtschaftsministerin im Kabinett Biedenkopf gehandelt.

Unterstützung erhielt Rowedder auch vom einzigen Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsrat der Treuhand, dem IG-Chemie-Vorsitzenden Hermann Rappe. Rappe sprach sich für den Verbleib Rohwedders in der Treuhand aus. Die Privatisierung der 8.000 Staatsbetriebe müsse zwar zügig, aber nicht überhastet geschehen. Der Vorstand dürfe nicht nur nach dem „Höchstpreisprinzip verkaufen“, sondern auch unter dem Gesichtspunkt des Arbeitsplatzerhalts.

Die 8.000 ehemals volkseigenen Betriebe in der ehemaligen DDR sind inzwischen in Aktiengesellschaften und eine Vielzahl von GmbHs umgewandelt worden. 2.000 Betriebe sollen demnächst den Kommunen überantwortet werden. Definitiv verkauft sind bisher nur rund 200 Betriebe. Rohwedder hatte sich in den letzten Wochen wiederholt gegen eine übereilte Privatisierung ausgesprochen. Über jeden einzelnen Verkauf müsse zäh verhandelt werden. Zwar teile er den Grundsatz „Privatisierung vor Sanierung“. Aber wenn durchaus sanierungsfähige Betriebe keinen Käufer finden, müsse die Sanierungsabteilung der Treuhand tätig werden. marke