: La Belle: Verfassungsschutz weiß nix
■ Angeblich keine Erkenntnisse über Hintergründe des Anschlags auf die Westberliner Diskothek
Berlin (dpa/taz) — Das Berliner Landesamt für Verfassungsschutz hat trotz intensiver Nachforschungen in den eigenen Archiven keine Hinweise gefunden, die Rückschlüsse auf einen möglichen Anschlag auf die Diskothek „La Belle“ zugelassen hätten. Ebensowenig hatte das Landesamt vor dem Anschlag auf die Diskothek La Belle im April 1986 Erkenntnisse über den späteren Drahtzieher des Attentats. In einem Bericht an den Berliner Innensenator Erich Pätzold (SPD) widersprach die Behörde damit Berichten der tageszeitung, wonach es durch Hinweise des Geheimdienstes möglich gewesen wäre, den mutmaßlichen Hintermann des Bombenanschlags, Jassir Chraidi, vorher zu verhaften, teilte der Senator am Montag mit.
Das Landesamt habe in seiner Darstellung betont, „daß es zu keiner Zeit Informationen zu dem bevorstehenden Anschlag auf die Diskothek erlangt habe“. Der Geheimdienst habe der Polizei auch keine weiteren Informationen vorenthalten. Fahndungsmaßnahmen nach mutmaßlichen Straftätern seien „nicht verhindert worden“.
Pätzold hatte unmittelbar nach dem Bekanntwerden der taz-Vorwürfe von den Verfassungsschützern eine ausführliche Stellungnahme gefordert. Nach Informationen der taz, auf die Pätzold in seiner Stellungnahme nicht weiter einging, hatte der Berliner Verfassungsschutz einen V-Mann im Umfeld des libyschen Volksbüros in Ost-Berlin. Wie der Verfassungsschutz der taz gegenüber jetzt versicherte, hätten sich daraus jedoch keinerlei Hinweise auf ein mögliches Attentat ergeben. Nach dem mutmaßlichen Drahtzieher des „La Belle“-Attentats wird nicht erst seit Juli 1990 gefahndet. Der staatenlose Palästinenser Jassir Chraidi wird wegen eines Mordverdachts bereits seit Sommer 1984 gesucht. Trotzdem hielt er sich im Vorfeld des Attentates mindestens einmal in Westberlin auf, ohne verhaftet zu werden. Nach Auskunft des Verfassungsschutzes ist dies jedoch auf eine Fahndungspanne der Polizei zurückzuführen. Das Amt habe die Polizei im Februar 1986 darauf hingewiesen, daß Chraidi möglicherweise unter dem Decknahmen Salam oder Selam in Westberlin auftauchen könnte. JG
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