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Golfkrieg kein US-Wahlkampf-Thema

Washington (taz) — Vor dem Hintergrund eines drohenden Golfkrieges und einer bereits einsetzenden Rezession waren die US-Bürger gestern aufgerufen, in den sogenannten „Mid Term Elections“ ein Drittel des Senats, das gesamte Repräsentantenhaus, 36 Gouverneure und rund 6.000 lokale Kandidaten neu zu wählen. Doch Beobachter rechnen mit der geringsten Wahlbeteiligung seit dem 2. Weltkrieg, und statt der „High Noon“-Szenen am Golf waren es vor allem lokale Themen, die den überall mit viel Geld und wenig Informationen geführten Wahlkampf bestimmten. Während sich die meisten Amtsinhaber trotz der allgemeinen Anti-Establishment- Stimmung im Volke auch weiterhin auf Wiederwahlraten wie in der Sowjetunion der Breschnew-Ära verlassen können, gibt es vor allem bei den Gouverneurswahlen in den drei wichtigsten Staaten des Südens, Kalifornien, Texas und Florida, ungewöhnlich offene Rennen. Wer hier gewinnt, wird auf die nach der letzten Volkszählung anstehende Definition neuer Wahlkreise — und damit auf die zukünftige Zusammensetzung des Parlaments in Washington — erheblichen Einfluß nehmen können. Auch in den Bundesstaaten von North Carolina, Oregon und Minnesota kämpfen republikanische Senatoren um ihr politisches Überleben. Im Kleinstaat von Vermont droht sogar ein sozialistischer Kandidat als einziger Unabhängiger ins Repräsentantenhaus einzuziehen. Darüber hinaus werden die Wähler über zahlreiche Referenden abstimmen, die von einer fortschrittlichen Umweltpolitik (Kalifornien) über Initiativen zur Begrenzung von Amtsperioden bis hin zur Volksabstimmung über die Beendigung des legalen Marihuana-Genusses (Alaska) reichen. Nach dem vor allem für Präsident Bush und seine Republikaner peinlichen Kompromiß bei der Reduzierung des Haushaltsbudget hoffen die Demokraten, am Dienstag mit einigen Zugewinnen im Kongreß und Überraschungserfolgen bei den Gouverneurswahlen, den Grundstein zu ihrem Revival bei den Präsidentschaftswahlen von 1992 legen zu können. Rolf Paasch

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