: Linke Frau auf Irlands Präsidentensessel
■ Mary Robinson setzt sich knapp gegen Verteidigungsminister Lenihan durch PORTRÄT
Nach den komplizierten Auszählungen stand gestern fest: Mary Robinson hatte den letzte Woche geschaßten Verteidigungsminister Lenihan mit zwei Prozent mehr Wählerstimmen überholt und wird damit Irlands erste Präsidentin. Mary Robinson stammt aus der Grafschaft Mayo im Westen Irlands, einer Region mit hoher Arbeitslosigkeit. Sie war in den sechziger Jahren eine der ersten Frauen, die als plädierende Rechtsanwältinnen zugelassen wurden. Seit 1969 gehört sie dem irischen Senat an. Zwei Jahre später machte Robinson zum ersten Mal Schlagzeilen: Sie ging gerichtlich gegen das Verhütungsmittelverbot aus dem Jahr 1934 vor. Sie scheiterte jedoch und zog sich den Zorn der katholischen Hierarchie zu. In anderen Fällen war Robinson erfolgreicher: Sie erstritt das Recht für Frauen, als Geschworene berufen sowie unabhängig vom Ehemann besteuert zu werden. Vor zwei Jahren verurteilte der Europäische Gerichtshof die irische Regierung auf Robinsons Antrag dazu, Homosexualität zu legalisieren. Das geschah allerdings bis heute nicht.
Robinson gehört keiner Partei an, seitdem sie 1985 aus der Labour Party ausgetreten ist. Dennoch wurde sie von Labour und der kleinen Workers' Party als Kandidatin aufgestellt. Während des Wahlkampfs ließ sie allerdings keine Gelegenheit verstreichen, ihre sozialistische Vergangenheit herunterzuspielen. Vor allem in der Frage der Abtreibung — bisher war sie vehement für freie Information über Abtreibungsmöglichkeiten in England eingetreten — machte sie einen Rückzieher: Als Präsidentin sei sie „oberste Verfassungsschützerin“.
Die gemäßigte Linke verfügt in Irland nur über zehn Prozent der Parlamentssitze. Robinson versprach jedoch nach ihrer Wahl, sich als „aktive Präsidentin“ nicht nur auf das Repräsentieren zu beschränken, sondern sich besonders für Frauenrechte einzusetzen. Ihr Wahlsieg kann für Premierminister Haughey schwerwiegende Folgen haben. Die Parteibasis macht ihn für Lenihans Niederlage verantwortlich, weil Haughey seinen Verteidigungsminister rauswarf, um selbst ein Mißtrauensvotum zu überstehen. Es wird bereits über einen parteiinternen Putsch gegen Haughey und vorzeitige Parlamentswahlen binnen eines halben Jahres spekuliert. Ralf Sotscheck
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