: Die Väter an die Pampers zwingen?
■ Bremens grüne Abgeordnete stellte Resulat von vier Jahren Bundestagsarbeit vor
Marieluise Beck-Oberdorf, Bremens grüne Abgeordnete, hat ihre vierjährige Amtsperiode in Bonn fast rum. Ende letzter Woche legte sie der Presse ihr wichtigstes Arbeitsprodukt aus diesen vier Jahren vor: Das „Elternfreistellungsgesetz“. Untertitel: „Zeit und Geld für Kinder.“
Bis zuletzt war der Gesetzentwurf unter grünen Frauen heiß umstritten: Die einen plädierten dafür, mit dem Gesetz erwerbstätigen Müttern durch finanzielle Autonomie den Rücken zu stärken, die anderen, „feministischeren“, forderten spektakulär, Väter mit dem Gesetz in die Familienarbeit zu zwingen.
Marieluise Beck-Oberdorf hat in den vergangenen vier Jahren beide Positionen durchlaufen. Aus der überzeugten Anhängerin des „Männer-Zwangs-Modells“ wurde eine, die sagt: „An das Binnenverhältnis, wie eine Frau das mit ihrem Mann auskaspert, kann ich nicht mit einem Gesetz 'ran. Ich kann sie nur finanziell so stärken, daß sie zu ihrem Mann auch sagen kann. Hau ab.“
Das „Elternfreistellungsgesetz“ geht davon aus, daß Familienarbeit genauso wie Erwerbsarbeit gesellschaftliche Arbeit ist und konsequenterweise genauso bezahlt gehört. Das Gesetz kommt deshalb auch teuer: Die Kosten belaufen sich auf 56 bis 91 Mrd. Mark.
Der Gesetzentwurf besteht aus zwei Elementen: Da ist erstens der Rechtsanspruch aller Mütter und Väter auf „subventionierte“ Teilzeitarbeit: Wer ein Kind im Alter von 0-12 Jahren zu versorgen hat, bekommt das gesetzliche Recht, auf Teilzeit zu gehen, verbunden mit dem Recht, wieder auf einen Vollzeitarbeitsplatz zurückzukehren und verbunden mit einer hundertprozentigen Lohnersatz-Zahlung, „vollem Lohnausgleich“. Folge: Das weiterhin ungenügende Angebot an Teilzeitstellen würde durch gesetzlichen Zwang erweitert. Dem Ausscheiden junger Mütter aus dem Erwerbsleben, würde vorgebeugt. Und die vorprogrammierte Armut der Mütter, beziehungsweise ihre finanzielle Abhängigkeit von den Partnern würde durch die hundertprozentige Lohnersatz-Zahlung gemildert.
Nicht durchgesetzt hat sich die „grün-feministische“ Position, die verlangte, daß beide Elternteile per Gesetz gezwungen werden, auf Teilzeit zu gehen. Anstatt daß die Mutter ihre Erwerbstätigkeit von acht auf vier Stunden täglich reduziert und der Kindsvater voll weiter erwerbsarbeitet, sollen — so die grüne Zwangsvorstellung — beide auf sechs Stunden Erwerbsarbeit gehen und das Kind gemeinschaftlich betreuen. Diese Zwangsvorstellung ist im Gesetzentwurf jetzt nur noch als „Wunschvorstellung“, als „Sollvorschrift“ enthalten.
In einem zweiten Teil setzt sich das Gesetz mit dem CDU-Erziehungsgeld auseinander und bietet den Eltern von grüner Seite Verbesserungen an: Wer sich als Elternteil ganz für die Kindererziehung freistellen lassen will, soll dies insgesamt drei Jahre lang tun können. Und statt nur 600 Mark CDU-Erziehungsgeld soll es dafür 1.300 Mark grünes „Festgeld“ geben. Auch hier hatte sich die Debatte um Zwang oder Nicht-Zwang entzündet. Die „Feministinnen“ hatten die drei Freistellungsjahre auf Väter und Mütter zwangsaufteilen wollen: Mit der Konsequenz, daß eine Frau, auch wenn sie sich gerne länger intensiv um ihr Kind kümmern wollte, dies zwangsweise nur eineinhalb Jahre lang tun könnte und daß hr Ehemann per Gesetz den Rest der drei Jahre zwangsfreigestellt wäre, auch wenn er fest entschlossen wäre, die Zeit nicht mit schmutzigen Pampers, sondern mit Videobändern herumzubringen.
Hat sich für die Bremer Bundestagsabgeordnete der Aufwand und der Ärger für das „Elternfreistellungsgesetz“ — gelohnt? Beck-Oberdorf: „Ich meine, daß entlang unserer Richtung frauenpolitisch weiterdiskutiert werden wird.“ Barbara Debus
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