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Bagdad spürt Folgen des Embargos

■ Saddam Hussein kündigte neurliche Preiserhöhungen für Reis an/ US-Außenminister Baker mit internationaler Mission zufrieden/ Suche nach friedlicher Lösung der Golfkrise geht weiter

Bagdad (afp) — Die irakische Regierung hat gestern erstmals offiziell zugegeben, daß das Land drei Monate nach Beginn des Wirtschaftembargos dessen Auswirkungen zu spüren beginne. Präsident Saddam Hussein kündigte nach Angaben der irakischen Nachrichtenagentur 'ina‘ Preiserhöhungen für Reis und strengere Maßnahmen gegen Spekulanten an. Knapp einen Monat nach der Verhängung des Wirtschaftsembargos durch die Vereinten Nationen am 6. August waren im Irak zunächst neun Grundprodukte, nämlich Mehl und stärkehaltige Nahrungsmittel, Reis, Öl, Tee, Zucker, Milch, Seife und Waschpulver rationiert worden.

Der irakische Botschafter in Washington, Mohammed el Machat, zeigte sich unterdessen zuversichtlich darüber, daß mit einem amerikanischen Angriff vorerst nicht zu rechnen sei. Die Sondierungsreise von US-Außenminister Baker sei nicht erfolgreich verlaufen, behauptete er, weil Baker keine Zustimmung für einen solchen Angriff erhalten habe. Machat wies in einem Fernsehinterview darauf hin, daß Paris und Moskau ihre Zustimmung zu einen Angriff auf den Irak von einer Entscheidung des UN-Sicherheitsrat abhängig gemacht hätten.

Baker hatte am Samstag abend in Paris eine positive Bilanz seiner Besuche am Golf, in Ägypten, der Türkei, der UdSSR, Großbritannien und Frankreich gezogen. Nach seiner Unterredung mit dem französischen Staatspräsidenten Mitterrand hatte Baker versichert, an der Einheit der internationalen Koalition gegen den Irak sei nicht zu zweifeln. Alle Länder würden in ihrer Forderung nach der vollen Umsetzung der Resolutionen des Sicherheitsrats „einig und fest“ bleiben. Die Regierungen seien außerdem der Ansicht, daß militärische Aktionen gegen den Irak „einfach nicht ausgeschlossen“ werden könnten. Demgegenüber hatte sein französischer Amtskollege Roland Dumas betont, niemand gebe derzeit einer militärischen Aktion den Vorzug: „Wir möchten, daß die Golfkrise mit diplomatischen und friedlichen Mitteln gelöst wird.“

Auf Einladung der irakischen Führung traf der frühere amerikanische Justizminister Clark in Bagdad ein. Er werde mit Regierungsmitgliedern „die Friedenschancen“ untersuchen und sich für die Freilassung der Ausländer einsetzen.

Der chinesische Außenminister Qian Qichen konferierte am Sonntag in Bagdad mit seinem irakischen Amtskollegen Tarik Asis. Es war der erste Besuch eines Außenministers, dessen Land Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist. Qian Qichen war zuvor in Amman mit dem jordanischen Außenminister zusammengetroffen und hatte deutlich gemacht, daß China die Anwendung von Gewalt zur Lösung des Konflikts ablehne. Er wollte sich nicht dazu äußern, ob sein Land als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sein Veto gegen den Einsatz von Truppen gegen den Irak einsetzen werde.

Der britische Medienzar Maxwell hat in einem Leitartikel des 'Sunday Mirror‘ zum sofortigen Militärschlag aufgerufen, um ein Auseinanderbrechen der Verbündeten zu vermeiden. Der Strom westlicher Politiker, die nach Bagdad reisten, stärke nur Saddams Position und Eitelkeit. „Saddam hatte seine Chance, aber er hat sie nicht ergriffen. Jetzt muß er seine Strafe bekommen.“

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