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Das Beste aus fünf Entwürfen

■ In Sachsen hat endlich eine Verfassungsdiskussion begonnen

Dresden (taz) — Nach der Aussprache über die Regierungserklärung wird sich der sächsische Landtag am Donnerstag erstmals mit Verfassungsentwürfen beschäftigen. Parlamentspräsident Erich Illtgen rechnet damit, daß es noch Monate dauert, ehe über die Verfassung des Freistaates abgestimmt werden kann. Fünf Entwürfe liegen vor, die gründlich diskutiert werden sollen. Ministerpräsident Biedenkopf hingegen äußerte sich in seiner Regierungserklärung nur zum „Gohrischen Entwurf“. Das nach seinem Entstehungsort in der Sächsischen Schweiz benannte Papier gilt bisher als besonders aussichtsreich. Biedenkopf hält es für eine „ausgezeichnete Beratungsgrundlage“.

Die Regierung wolle auf die „reichhaltige Erfahrung der westdeutschen Länder, aber auch auf die Verfassungspraxis in anderen Bundesländern Europas zurückgreifen“. In einer kürzlich von der 'Sächsichen Zeitung‘ begonnenen Leserdiskussion steht vor allem dieser konservative Gohrische Entwurf unter Kritik. Für „anmaßend“ hält ein Leser, daß Vereinigungsrecht, Freizügigkeit, Zugang zu öffentlichen Bildungseinrichtungen sowie die freie Wahl der Ausbildungsstätte ausschließlich Deutschen zugesprochen werden. Ausgegrenzt fühlt sich die sorbische Bevölkerung.

Cyrill Kahle-Kola aus Bautzen findet „kopflastige Deutschtümelei“ in dem Text. Die Evangelische Kirche des Görlitzer Kirchengebietes tritt dafür ein, „den gesamten westlich der Neiße gelegenen Bereich der ehemaligen preußischen Provinz Schlesien“, die schlesische Oberlausitz in das Land Sachsen aufzunehmen.

In einem anderen Leserbrief werden die Sachsen aufgefordert, das 1947 aus dem Volksentscheid hervorgegangene „Landeseigentum“ in der neuen Demokratie wieder zu beleben und auch die Bodenreform festzuschreiben, „einschließlich der Möglichkeit, den Boden auf private, genossenschaftliche oder andere gesellschaftliche Weise zu nutzen“. Die Rechte der parlamentarischen Opposition sollten ähnlich der Empfehlung der Enquete-Kommission in die Verfassung aufgenommen werden.

Vom Landesfernsehen Sachsen auf die Vorschläge zur Volksgesetzgebung angesprochen, hatte Justizminister Steffen Heitmann, zu dieser Zeit noch Leiter der Arbeitsgruppe Verfassung der Regierungsverwaltungsbehörde, dem Leipziger Verfassungsentwurf „sozialistische Denkweisen“ diagnostiziert.

Dagegen weist das Forum für Direkte Demokratie darauf hin, daß es wirksame Volksentscheide bisher nie in sozialistischen Ländern, sondern ausschließlich in den fortgeschrittenen westlichen Demokratien, wie der Schweiz, Österreich, Italien und den USA, gegeben habe. In der 'Sächsischen Zeitung‘ schreibt das Forum, ein Volksentscheid in Sachsen müsse sich von der Annahme der 2. DDR-Verfassung 1968 wesentlich unterscheiden. Die damalige Abstimmung funktionierte nicht anders als alle Wahlen in der DDR — ein alternativloses Zettelfalten. Solange die Verfassungsdiskussion währt, sollte nach Ansicht der Fraktion Bündnis 90/Grüne eine Landessatzung mit befristeter Gültigkeit die nötige Rechtsgrundlage in Sachsen bilden.

Der sächsische Städte- und Gemeindetag, dem nahezu 1.200 Kommunen angehören, empfiehlt dem Landtag, auch die Kommunalverfassung zügig zu behandeln. Der vorliegende Entwurf orientiert sich an der Süddeutschen Ratsverfassung. Vorsichtige Kritik meldet das Gremium gegen den Energievertrag mit den führenden westlichen Stromkonzernen an. dek

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