Albaner mobilisieren in ganz Mazedonien

Geringe Wahlbeteiligung der Bevölkerungsmehrheit  ■ Von E. Rathfelder und R. Hofwiler

Skopje (taz) — Der erste Wahlgang der Parlaments- und Gemeindewahlen in der südlichen jugoslawischen Republik Mazedonien brachte am Sonntag abend schon vor Auszählung der Stimmen eine faustdicke Überraschung: die Wahlbeteiligung lag in dem vornehmlich von Mazedoniern bewohnten Gebieten extrem niedrig, dagegen war in den Bezirken, die mehrheitlich von Albanern bewohnt werden, eine starke Mobilisierung festzustellen.

In Tetovo, der nach Skopje zweitgrößten Stadt der Republik, war der Andrang der albanischen Wähler so groß, daß sich eine drei Kilometer lange Schlange bildete und die Schließung des Wahllokales verschoben werden mußte. In der Hauptstadt Skopje zog es die überwiegende Mehrheit der Wähler vor, zu Hause zu bleiben. Laut Wahlleiter nahmen nicht mehr als 20 Prozent der Wahlberechtigten an der Wahl teil. Trotz einiger kleiner Unregelmäßigkeiten ist die Wahl nach Ansicht der internationalen Beobachterkommision regulär verlaufen.

Der bisherige Wahlverlauf deutet darauf hin, daß die albanische Minderheit in der Republik, die mindestens 30 Prozent der Bevölkerung ausmacht, schon viele Parlamentssitze und Gemeindeparlamente gewonnen hat. Doch ersten Agenturberichten zufolge liegen nach der Auszählung eines Teils der Stimmen die Reformkräfte, zu denen die Partei des jugoslawischen Ministerpräsidenten Ante Markovic gehört, in Führung. Markovic, so ein jugoslawischer Wahlbeamter laut 'ap‘, „liegt noch vor den Kommunisten“. Der Bund der Reformkräfte hoffte, durch seine Politik der ökonomischen Stabilisierung und Demokratisierung der Gesellschaft einen großen Einfluß in Mazedonien zu gewinnen. In Wahlkreisen, in denen niemand eine absolute Mehrheit der Stimmen erhielt, muß am 25. November eine Stichwahl stattfinden. Außerdem müssen in den einzelnen Wahlkreisen 30 Prozent der Wähler zur Urne gegangen sein, damit die Wahl im ersten Wahlgang gültig ist.

„Als verhängnisvoll“ bezeichneten denn auch Vertreter beider Gruppen die Zurückhaltung ihrer Wähler. Noch in den Wahllokalen wurden um die hundert albanische Männer unter 23 jahre festgenommen, weil sie nicht ihren Wehrdienst in Jugoslawien abgeleistet hätten. Zu Demonstrationen kam es in Tetovo, als Wahllokale schlossen, ohne daß alle Wähler ihre Stimme abgeben konnten.