piwik no script img

Ruin Massai und Ratos de Porao

■ Kellerkinder und Kellerratten aller Länder unter sich

Die Wirkung der Musik von Ruin Massai liegt in nichts anderem als der permanenten, schlau arrangierten Widersprüchlichkeit: Über sparsam instrumentierten Passagen findet sich ein für deutsche Verhältnisse erstaunlich dreckiger, rotzig-amerikanischer, breiter Gesang, das Ganze geht in ein Dashtrommelbridgegebollere über, wird jählings von entzückenden, weil dürftig gestreuten Violinschreien abgelöst, um dann in epischen Stampfrock mit sanft-melodiösen Harmoniechen zu verweilen.

Ruin Massai veranstalten irgendwas zwischen Velvet-meets-Throwing-Muses- meets-Folkrock, geben sich gleichzeitig so geschmeidig wie spröde, so freundlich wie frustriert, veranstalten hier eine kleine Diskrepanz zwischen der quietschighohen Weiberstimme und der abstürzend-nasalen des Sängers, sägen dort verlässliche Gitarrenriffs an und verbinden das Ganze mit romantischen Geigenklängen.

Die Stücke erwecken wundersamerweise den Eindruck eines gelungenen Ganzen, bestehen aber eigentlich aus nichts anderem als ständigen Unterbrechungen, denen jedenfalls totsicher nie das folgt, was klassischerweise nach einem Break passiert. Vielmehr jonglieren sie mit ihrem Vokal- und Instrumentenrepertoire wie solche kleinen Zauberkünstler, die plötzlich und unerklärlicherweise eine Taube in der Hand halten, wo sie doch noch gerade diese wunderhübsche Dame zerstückelten...

Ihr bisherigen Ausflüge aus dem Kellerloch in die Öffentlichkeit lassen vermuten, daß sie durchaus auch alleine (die mitangekündigten Grazdanskaja Oborona aus Sibirien haben leider kurzfristig abgesagt) für einen abwechslungsreichen Abend im K.O.B. sorgen werden.

Aus dem sonnigen Brasilien kommen die nicht im geringsten sonnigen Gemüter von Ratos de Porao, den Kellerratten. Mit ihrer in Berlin eingespielten LP »Brasil« gelingt es ihnen, diesem Namen vollauf gerecht zu werden.

Sie geben sich dreckig, gemein, hinterhältig und unglaublich schnell. Sie wühlen sich blutgierig und aggressiv durch den Dschungel von Trash, Punk, Hardcore, nehmen auch mal ein unschuldiges Sex'n‘Drugs'n‘Rock'n‘Roll-Stück oder eine kleine Surfpunkpassage auf, um sich danach nur umso wütender und wilder durch ihren absolut professionellen Metalcrossover zu quälen.

Diese vier Dschungelratten sind jedenfalls nichts für schwache Nerven, genausowenig wie Extreme Noise Terror aus dem United Kingdom — auf zur britisch-brasilianischen Crossover-Schlacht im Ex. Erika

Ruin Massai spielen ab 22 Uhr im K.O.B.

Extreme Noise Terror und Ratos de Porao ebenfalls ab 22 Uhr im Ex.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen