: Liebeserklärung mit dem Panzer: Ukrainer erobert sich den Ku'Damm
Aus Liebeskummer hat ein Sowjetsoldat gestern morgen eine mehrstündige Irrfahrt mit einem Schützenpanzer durch Berlin und Brandenburg unternommen. Bei seiner Kurzschlußtat ratterte der Soldat auch über die Avus, den Ku'Damm und durch Neukölln. Erst nach fünf Stunden gelang es verfolgenden sowjetischen Soldaten, den Mann in Saarmund bei Potsdam zu stoppen. Der 20jährige, der sich gegen drei Uhr unbemerkt aus der Garnison in Elstal/Nauen auf den Weg gemacht hatte, hinterließ drei beschädigte Autos. Menschen wurden nicht verletzt. Der sowjetische Militärstaatsanwalt Filippenko entschuldigte sich gestern für die »entstandene Unruhe«. Nach seinen Worten hatte der aus der Ukraine stammende Panzersoldat »Krach mit seiner Freundin«. In Teltow scheiterte ein erster Versuch, den 20jährigen zu stoppen. Er raste weiter über die Autobahn zur Berliner Avus. Wie die Polizei in Potsdam berichtete, schwang sich dort ein Unteroffizier auf den Schützenpanzer und verhängte schließlich die Sehschlitze mit einer Decke. Der Soldat stoppte und ließ sich widerstandslos festnehmen. Nach Angaben der Polizei war kein Alkohol im Spiel. Das Polizei-Sondereinsatzkommando Potsdam, das vor der Wende hauptsächlich sowjetische Deserteure jagte, sei angefordert, nicht aber eingesetzt worden.
Ob der Ukrainer sowjetischen Gerichten übergeben wird, ist noch unklar. Nach dem nun modifizierten Stationierungsabkommen gilt, daß alle Straftaten in dem Land strafrechtlich geahndet werden, in dem sie verübt werden.
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