: Tod in S-Bahn aufgeklärt
■ Am Mittwoch verhaftete die Polizei den 21jährigen Ayhan Ö. in Pankow
Berlin. Ein Sondereinsatzkommando der Polizei sowie Beamte der Mordkommission haben am Mittwoch abend den 21jährigen Berliner Ayhan Ö. in Pankow festgenommen. Ö. stand unter dem dringenden Verdacht, vor einer Woche den 20jährigen René G. aus Charlottenburg mit einem Messer getötet zu haben. Außerdem verletzte er zwei weitere junge Männer schwer. Ayhan G. hat die Tat inzwischen gestanden und wurde gestern dem Haftrichter vorgeführt. Ö., der sich bei türkischen Bekannten in der Pankower Brehmestraße aufhielt, leistete bei seiner Festnahme keinen Widerstand.
Zu dem tödlichen Streit zwischen Ayhan Ö. und René G. war es gekommen, nachdem G. gemeinsam mit fünf anderen Jugendlichen einen S-Bahn-Zug am Bahnhof Springfuhl betreten hatte. Als die Gruppe einstieg, rief einer der jungen Männer »Deutschland den Deutschen«. Dann kam es zur tätlichen Auseinandersetzung, in dessen Verlauf Ayhan Ö. das Messer zückte und zustach.
Ob auch seine Gegner bewaffnet waren, wurde von der Mordkommission bisher nicht bekanntgegeben. Nach der Tat flüchtete der Täter mit Freunden und tauchte ab. Die Polizei hatte am Mittwoch einen Tip erhalten, wo sich der Gesuchte aufhält. Die Mordkommission hatte zuvor mit einem Foto nach ihm gefahndet.
René G. starb infolge einer schweren Verletzung am Kopf, noch bevor er ins Krankenhaus eingeliefert werden konnte. Zwei seiner Bekannten liegen noch heute im Krankenhaus. G. wurde in Ost-Berlin geboren, ging dort zur Schule und flüchtete im vergangenen Jahr über Ungarn in den Westteil der Stadt. Dort schloß er sich den rechtsradikalen »Republikanern« an. Die Fraktion der Reps im Abgeordnetenhaus nutzte den Vorfall zur Eigeninszenierung und erschien gestern mit schwarzen Armbinden zur Plenarsitzung. Sie brachten einen Entschließungsantrag ein, in dem das Abgeordnetenhaus feststellen sollte, »daß in letzter Zeit Gewaltanwendungen von Ausländern gegenüber Deutschen zunehmen« würden. Bei Redaktionsschluß stand die Abstimmung noch aus. Die Ablehnung des Antrags gilt aber als sicher.
Der Abgeordnete und Rep-Landesvorsitzende Carsten Pagel kritisierte, daß der Präsident des Abgeordnetenhauses, Wohlrabe, eine Schweigeminute für René G. abgelehnt hatte. Er verwies darauf, daß es vor anderthalb Jahren — als ein Deutscher einen Türken im Märkischen Viertel erstochen hatte — dagegen eine Schweigeminute gegeben hatte. Die Pressesprecherin von Wohlrabe, Steinmetz, erklärte dazu auf Anfrage der taz, daß es von seiten der »Republikaner« keinen schriftlichen Antrag auf eine Schweigeminute gegeben hätte. Der Sprecher der Rep- Fraktion, Thaler, kündigte gegenüber der taz an, daß sich seine Partei mit einer offiziellen Delegation an der Beerdigung von G. beteiligen wolle. ccm
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