Milosevic tritt gegen die Armee an

Die serbischen Oppositionsparteien wollen die Wahlen am 9. Dezember boykottieren  ■ Von Roland Hofwiler

Belgrad (taz) — Fast alle neu entstandenen Parteien Serbiens werden die Wahlen zum ersten Mehrparteienparlament am 9. Dezember boykottieren. So zumindest wollen es ihre Führungen seit diesem Wochenende. Bliebe es dabei, würden nur zwei Parteien bei den Wahlen in Serbien antreten, die Partei der Militärs, die sich „Kommunistische Bewegung für Jugoslawien“ nennt, und die Wendehalskommunisten des Slobodan Milosevic, die sich nun als „Sozialisten“ ausgeben.

Es handele sich um ein „riesiges neokommunistisches Komplott“, das Jugoslawien ins Verderben führen werde, erklärte der bekannteste Oppositionsführer, Vuk Draskovic, am Sonntag in Belgrad. Vuk Draskovic, selbst Vorsitzender der rechtsgerichteten „Serbischen Erneuerungsbewegung“, wirft dem serbischen Präsidenten Milosevic zusammen mit den Führungen der anderen 19 Oppositionsparteien vor, die Wahlen regelrecht manipulieren zu wollen. Am Donnerstag war es dem nämlich gelungen, ein Wahlgesetz durchzubringen, nach dem es außer der „Sozialistischen Partei“ niemandem erlaubt sein solle, die Wahlkommissionen zu bestellen. Weiterhin klagen die Oppositionsparteien darüber, in den Medien zu kurz zu kommen. Darüber hinaus soll es zu unzähligen Fällen von Einschüchterungen der Kandidaten durch die Geheimpolizei gekommen sein. Vor allem der kosovoalbanische „Demokratische Bund“ und die „Demokratische Vereinigung der Voivodiner Ungarn“ fühlen sich dadurch benachteiligt. Doch selbst der gesamtjugoslawisch ausgerichtete „Bund der Reformkräfte“ des Premier Ante Markovic hat Vorwürfe dieser Art vorzubringen.

Außerhalb Serbiens schaut man den Entwicklungen noch viel skeptischer zu. Denn „Jugoslawien ist das einzige Land, in dem einer Armeeführung zugestanden wird, sich noch zusätzlich als Partei zu formieren“, schreibt der Zagreber 'Vjesnik‘. Nicht minder scharf sind die Reaktionen aus Slowenien. Am Freitag erklärte dort der Verteidigungsminister Janez Jansa, wenn nicht in den nächsten Tagen ein Plebiszit abgehalten werde, bei dem sich die Slowenen für den Austritt aus Jugoslawien entscheiden könnten, dann sei es zu spät, „dann stehen bis Jahresende Truppen vor unserer Tür“.

Unterdessen war gestern die Bevölkerung in Mazedonien zum zweiten Wahlgang aufgerufen. In vielen Orten muß der erste Wahlgang wiederholt werden, da es dort zu Wahlfälschungen durch die albanische Minderheit gekommen sein soll ( die Wahlen waren korrekt, die taz berichtete). Jetzt werden Albaner, die im Ausland arbeiten, bei der Wahl behindert. Wer in Mazedonien kein Arbeitsverhältnis habe, dürfe nicht mehr an den Wahlen teilnehmen.