Überfallen vom Überfälligen

■ Erste zaghafte Stimmen zur Erhöhung des Kulturetats um 5 Millionen

Bevor nicht das Geld oder wenigstens ein rechtskräftiger Bescheid auf dem Tisch liegt, will die shakespeare company gar nichts aussagen. Die Truppe, in langen Jahren argwöhnisch geworden, soll nun immerhin 400.000 Mark pro Jahr abkriegen aus einem um 5 Millionen Mark vermehrten Kulturetat. Solches hat die SPD- Bürgerschaftsfraktion letzte Woche beschlossen (s. taz vom 24.11.), und die Kulturszene weiß jetzt nicht so recht, ob jubeln.

Gerhard Suchodolsky vom Schlachthof ist von den 150.000 Mark, die das Kulturzentrum ab '91 bekommen soll, nicht begeistert: „Wir haben ja sozusagen gewohnheitsrechtlich immer um die 135.000 Mark aus dem Lottotopf gekriegt. Daß wir nun 15.000 Mark mehr, und das aus dem Haushalt, das bedeutet für uns eine öffentliche Geburtsurkunde, was uns freut, und ein bißchen für die Portokasse. Vergleichbare Kulturzentren kriegen viermal so viel wie wir.“

Martina Rudloff vom Gerhard- Marcks-Haus hingegen fände es „ganz fantastisch, jetzt wenigstens mit einem Sockel-Betrag für Ausstellungen rechnen zu können. Wir hatten bisher ja einen Null-Etat. Gerade habe ich zwei Ausstellungen abgesagt, weil wir sie aus Eigenmitteln einfach nicht bezahlen konnten. Jetzt kann man vielleicht auch mal längerfristig planen.“

Martha Höhl, Leiterin der Stadtbibliothek,: „Also, ich atme jetzt tief durch. Noch haben wir das Geld nicht, aber falls die 150.000 Mark Erhöhung für uns durchkommen, dann ist das ja ein so überfälliges Desiderat. Wir hätten dann einen Ankaufsetat von 1,65 Millionen. Damit können wir immer noch nicht soviel kaufen wie noch 1980. Das ist, bei aller Freude, ein Tropfen Wermut.“ Und wofür will sie das Geld verwenden? „Wir werden wohl in einer Zweigstelle probeweise mit neuen Medien, mit CDs, mit Videos oder Comics anfangen, um unser junges Publikum besser zu erreichen.“

Ingrid Waldau, Leiterin des Ernst-Waldau-Theaters, hat in der Zeitung von 100.000 Mark Sanierungszuschuß gelesen. „Aber bei uns bröckelt's ja schon überall. Kürzlich ist die Beleuchtungsanlage kaputtgegangen. Das allein kostet uns 600.000 Mark.“

Die Kulturbehörde übt freudestrahlendes Stillschweigen. Werner Alfke, Kultursenator Scherfs persönlicher Referent, will, über die schon bekannten Zahlen hinaus, noch nichts über die Verteilung der zusätzlichen Gelder sagen. „Obwohl, wir haben natürlich schon Pläne. Wenn der Haushalt durch ist, dann werden wir auch unser Kulturkonzept, das wir als Sommerpaket geschnürt hatten, aufmachen. Ganz zufällig hatten wir zu dessen Finanzierung ja genau den beschlossenen Betrag gefordert.“ schak