Lauter leere Seiten im Gatt-Bericht

Eine Woche vor Beginn der Abschlußrunde sind noch viele Punkte offen  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Der Bericht über die fast vierjährige Uruguay-Verhandlungsrunde, den das Genfer Gatt-Sekretariat heute den Handels- und Agrarministern der 107 Mitgliedsstaaten als Grundlage für deren abschließende Runde kommende Woche in Brüssel zustellt, enthält nur Texte zu zwölf der 15 Verhandlungsbereichen. Bei den Themen Landwirtschaft, Anti-Dumpingmaßnahmen sowie handelsbezogene Investitionsauflagen konnten sich die Genfer Gatt-Delegationen auf überhaupt keine gemeinsamen Formulierungen einigen. Aber auch die Kapitel des am Montag abend fertiggestellten, 450 Seiten starken Berichts über die anderen zwölf Verhandlungsbereiche sind noch voller Klammern mit gegensätzlichen Formulierungen, vor allem im Bereich Liberalisierung von Dienstleistungen.

EG-Chefunterhändler Paemen erklärte am Montag in Genf, es sei „kein Zufall“, daß der Bericht zu Landwirtschaft, Anti-Dumpingmaßnahmen und handelsbezogenen Investitionsvorschriften nur leere Seiten enthält. Allen drei Bereichen sei gemeinsam, daß die zu Beginn der Uruguay-Runde vor Jahren in Punta del Este vereinbarten grundsätzlichen Vorgaben nach wie vor gegensätzlich interpretiert werden. So bestehe bei vielen Staaten die Erwartung, daß die EG ihr Agrarpreis- und -subventionssystem völlig ändere. Die EG habe hingegen „immer klar gemacht“, daß es „nicht möglich sei“, dieses System zu ändern, sie darüberhinaus aber „verhandlungsbereit“ sei. Die Industriestaaten gehen davon aus, daß in Punta del Este die völlige Abschaffung von handelsbezogenen Investitionsauflagen beschlossen worden sei. Die „Drittwelt“-Staaten und Australien widersprechen dieser Interpretation. Bei handelsbezogenen Investitionsauflagen handelt es sich um Bedingungen, unter denen Firmen in einem Land investieren dürfen (z.B. Verwendung einer Mindestmenge heimischer Rohstoffe; Export des überwiegenden Anteils hergestellter Produkte ins Ausland, um keine Konkurrenz zu einheimischen Herstellern entstehen zu lassen etc.). Hinsichtlich der Anti-Dumpingmaßnahmen ist zwischen den wichtigsten Export- und Importstaaten völlig konträr, ob in Punta del Este die Abschaffung oder nur eine Reform derartiger Maßnahmen vereinbart wurde.

Wenn es nicht in den ersten beiden Tagen der am 3. Dezember in Brüssel beginnenden Ministerrunde zu „politischen Durchbrüchen“ in diesen Fragen komme, sei ein endgültiges Scheitern der Gatt-Verhandlungen wahrscheinlich, erklärte Paemen. Eine Verlängerung der Ministerrunde über das bislang geplante Abschlußdatum 7. Dezember hinaus schloß der EG-Chefunterhändler aus — nicht zuletzt unter Hinweis darauf, daß das Brüsseler Kongreßzentrum lediglich bis zu diesem Tag angemietet sei. Nach taz-Informationen läuft der Mietvertrag allerdings bis einschließlich 9. Dezember.