Sare-Prozeß: Polizisten erneut freigesprochen

■ Wasserwerferfahrer und -kommandant gehen in der Neuverhandlung vor dem Landgericht wieder straffrei aus

Frankfurt/Main (taz/dpa/ap) — Mehr als fünf Jahre nach dem gewaltsamen Tod von Günther Sare hat das Frankfurter Landgericht gestern in einem vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe erzwungenen Wiederholungsverfahren sowohl den Fahrer als auch den Kommandanten des Wasserwerfers, mit dem Sare während einer Demonstration gegen die NPD überrollt worden war, erneut vom staatsanwaltschaftlichen Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen. Die Sechste Große Strafkammer bestätigte damit eine Entscheidung der 31. Großen Strafkammer vom März 1988, die vom Bundesgerichtshof wegen „offener Fragen in der Urteilsbegründung“ (AZ 4 StR 567/89) ein Jahr später aufgehoben worden war.

Nach Auffassung der Kammer unter Vorsitz von Richter Heinz Fischer habe zugunsten der Angeklagten davon ausgegangen werden müssen, daß es während des Wasserwerfereinsatzes keine Situation gegeben habe, die von der Besatzung das Fahren im Schrittempo erfordert hätte — der Wasserwerfer war mit einer Geschwindigkeit von 23 km/h auf eine Gruppe von Demonstranten zugefahren. Der „erheblich alkoholisierte“ Sare, so das Gericht weiter, sei „vom Bürgersteig aus völlig unerwartet auf die Fahrbahn gerannt“, so daß auch eine Notbremsung zu spät erfolgt sei. Dagegen hatte die Staatsanwaltschaft argumentiert, daß der „tödliche Unfall“ hätte vermieden werden können, wenn der Wasserwerferkommandant nicht in einer „völlig unklaren Verkehrssituation“ den Befehl gegeben hätte, mit dem Wasserwerfer gleichzeitig zu fahren und zu spritzen. Erst nach dem Tod von Sare wurde die Besetzung des Beobachterplatzes per Erlaß zwingend vorgeschrieben.

Ob der Fahrer und/oder der Kommandant des Wasserwerfers Günther Sare an diesem 28. September 1985 nun gesehen haben oder nicht, bleibt auch nach dieser dritten Verhandlung ihr Geheimnis. Während der Kommandant standhaft die Aussage verweigerte, blieb der Fahrer bei seiner Version aus dem ersten Prozeß, wonach ihm der Kommandant zugerufen haben soll: „Halt an, ich glaube, wir haben einen erwischt.“ Nach der gestrigen Entscheidung der 6. Großen Strafkammer zugunsten der Angeklagten haben die Nebenklägerinnen im Verfahren — Mutter und Schwester von Günther Sare — erneut die Anfechtung des Urteils angekündigt. Unklar ist noch, ob auch die Staatsanwaltschaft gegen das Urteil Revision einlegen wird. Klaus-Peter Klingelschmitt