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Gedenkstätte im Bunker

■ SPD will im monumentalen Farger NS-Bauwerk der NS-Opfer gedenken

TouristInnen machen große Augen, wenn sie über die Weser nach Bremerhaven schippern. Nichtsahnened sehen sie sich plötzlich einem Ungetüm aus Stahl und Beton gegenüber: Dem U-Boot-Bunker „Valentin“ in Bremen-Farge. Mehere tausend Zwangsarbeiter mußten den Klotz für die Nazis hochziehen. Dort sollten U-Boote zusammengebaut und gewartet werden. Das Kriegsende jedoch machte Großadmiral Dönitz einen Strich durch die Rechnung. Der Bunker stand erstmal ungenutzt in der Gegend herum, bis sich die Bundeswehr 1962 dort mit einem Marinedepot breitmachte.

Bundeswehr raus, Gedenkstätte rein

Das ist die längste Zeit so gewesen, zumindest wenn es nach dem Willen der Blumenthaler SozialdemokratInnen geht. Sie möchten die Militärs gerne aus dem Bunker haben und dort eine nationale Gedenkstätte für die Nazi-Opfer einrichten.

„Die Bundeswehr wird sowieso bald viel kleiner“, meint Rainer Frankenberg, Blumenthaler SPD-Vorsitzender, „also kann sie den Standort auch aufgeben. Begründung der SPD: Die Bundeswehr im Bunker „erweckt den Eindruck einer makaberen Kontinuität“ (Antrag zur UB-Delegiertenversammlung).

Kaum hatten die umtriebigen GenossInnen ihr Ansinnen öffentlich gemacht, ging der Ärger los: „Ich finde es gemein, unsere demokratisch oranisierte Bundeswehr mit den Nazis in Verbindung zu bringen“, wetterte der Bremen-Norder CDU-Oberhirte Peter-Michael Pawlik. Er sieht in dem GenossInnen-Wunsch nichts weiter als den Versuch, den „verkorksten Vorstoß von Heinz Blecher wieder gerade zu biegen“.

Oder Café mit Weitblick auf dem Bunkerdach?

Blecher, seines Zeichens Blumenthaler Beiratssprecher, machte schon im Sommer einen ähnlichen Vorschlag. Was die Gemüter ordentlich in Wallung brachte: Blecher wollte das Nazi- Monument auch gleich touristisch ausschlachten, z.B. mit einem Restaurant mit Fernsicht ins Stedinger Land auf dem Bunkerdach. Nachdem sich die Diskussion darum mehr und mehr zu einer Posse à la Bremen-Nord entwickelte, bogen die GenossInnen die Diskussion erstmal ab.

Unbedingten Bedarf sieht CDU-Mann Pawlik auch weiterhin nicht: „Es gibt in Blumenthal doch schon zwei Gedenkstätten. Eine davon ist sogar in unmittelbarer Nachbarschaft des Bunkers.“ Die SPD tue ja „gerade so, als ob Blumenthal der Hort des Nazismus wäre“, regt sich Pawlik auf.

Besonderes Magenkneifen scheint er zu bekommen, denkt er an die Nord-Bremer Wirtschaft. Man solle mit solchen Sachen vorsichtig sein, denn „wir können auf Marineaufträge nicht verzichten.“ Zudem müsse man auch an die 50 Arbeitsplätze der Zivilangestellten denken.

Das alles allerdings ließ den Blumehtaler Beirat ungerührt. Auch er sprach sich —natürlich mit den Stimmen der GenossInnen — für eine Gedenkstätte im „Valentin“ aus. ubu

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