„Wie beim Umweltschutz“

■ ISDN-„Gegenpapst“ Kubicek ist für das amerikanische Modell I N T E R V I E W

Herbert Kubicek ist Professor für Angewandte Informatik an der Uni Bremen und Sprecher des Instituts für Informations- und Kommunikationsökologie

taz: Was ist — über Verordnungen und Gesetze hinaus — für einen umfassenden Datenschutz vorstellbar?

Herbert Kubicek: Zunächst einmal muß die Speicherung der unbedingt erforderlichen Daten dezentralisiert werden. Es ist völlig unannehmbar, das bundesweit in einem einzigen Rechenzentrum zusammenzufassen. Und dann gibt es zwei Stufen der Dezentralisierung: Erstens die 6.000 Vermittlungsstellen — da gehören nur die Summendaten der anfallenden Gebühren hin. Die Daten darüber, wer wen, wann angerufen hat, gehören in den Teilnehmerbereich. Von seiten der Telekom heißt es dazu lapidar, die erforderlichen Forschungen seien noch nicht durchgeführt worden. Das kann man alles sehr schnell machen, wenn man will. Mein Eindruck ist, daß die Post diese Daten gerne selber haben möchte, um im Falle von Streitigkeiten mit dem Kunden Beweismittel zu haben, und daß zum zweiten hinter der Post die Innenministerkonferenz steht, die diese Daten für die Polizei und die Staatsanwaltschaft sichern möchte.

Zumindest für gewerbliche Kunden scheint das ISDN aber attraktive Leistungsmerkmale zu haben.

Es sollte, wie in den USA, möglich sein, daß man sich diese Merkmale einzeln als Zusatz kaufen kann. Der Unterschied zwischen der deutschen und der amerikanischen Herangehensweise ist, daß ISDN hier als ein komplettes Paket vermarktet wird. Das Paket muß aufgeschnürt und bei den einzelnen Merkmalen darüber nachgedacht werden, wie die Belange der Angerufenen und der Anrufer befriedigt werden können.

Das Argument im ITG-Bericht für das „Löschen nach Rechnungsabsendung“ ist, daß es ohne großen Aufwand zu realisieren ist.

Datenschutz ist ein Grundrecht, und man kann die Kosten der speichernden Stelle nicht gegen dieses Grundrecht aufrechnen. Sonst hätten wir im ganzen öffentlichen Bereich eine große Datei, in der alle Daten der Bürgerinnen und Bürger geführt werden. Aber der Datenschutz fordert hier die strenge Zweckbindung und das Verteilen von Dateien. Das ist dasselbe wie im Umweltschutz: Natürlich ist es billiger, wenn man keine Filter einbaut. F.H.