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KUNSTLICHTSchmerzrote Nagelköpfe

■ Verlorene Söhne im Steinernen Kreuz / Hogrebe bei Steinbrecher / Ganslmayr und Oskars Fans in der Villa Ichon

Immer, wenn jemand in Bremen beweisen will, wie unerträglich respektive unattraktiv Bremen für avancierte KünstlerInnen ist, fallen die Namen Thomas Hartmannn und Hartmut Neumann, verlorene Söhne beide, die ihr Glück suchten und fanden in Berlin und Köln. Und weiß man, wie lange es Norbert Schontkowski hier noch hält?

Seltenheitswert hat somit die Geburtstagsausstellung (10 Jahre) der Galerie am Steinernen Kreuz, die alle drei zugleich präsentieren kann. An den Kataloghaufen kann man sofort erkennen, wie weit die Hochgelobten sind. Und an einigen älteren Arbeiten, wie sie sich geändert haben. Dabei hat Neumann offenbar zu seinem frühen „erzählerischen“ Stil zurückgefunden (“Erdfische“, „Hirschgeist“, „Gartengeist“). Hartmann, dem schwer noch Arbeiten abzutrotzen sind, ist mit kleineren Arbeiten auf Papier und einem „Liebespaar“ und einer „Großen Liegenden“ vertreten. Schwontkowski zeigt einige größere Öl-Arbeiten. (Beim Steinernen Kreuz 1, bis 29.Dez.)

Ihre Bilder sind so, daß auch derjenige, der Klee mittlerweile geschluckt hat, sie schön finden kann. Ulrike Hogrebe illustriert mit lustbunten Farben und einer Vielzahl zarter und strichbeiniger Zeichen ihre Innenwelt. Sie bevorzugt das große Format und den Spachtel. Die Bedeutung, die sie bisweilen mit den Titeln behauptet (“Kopfträger“, „Irak, Juni 1990“), drängt sich keineswegs auf, läßt den Augen Spielraum und der Phantasie. (Galerie Steinbrecher, Am Dobben 44, bis zum 5.Jan.1991)

Eleonora Ganslmayr, das sieht man gleich, weiß etwas vom Schmerz. Sie hat in der Technik der beliebten Autodidaktenkunst, der Seidenmalerei, einen Weg gefunden, Bilder für den Schmerz zu finden. Immer wieder sind es in bewurzelten Bäumen auslaufende Köpfe, die vor Nägeln starren, von kopfschmerzroten Adern zergliedert sind, die auf gespaltenen Stümpfen sitzen, deren Wurzeln infektiös rot sind. Die Vita der Ganslmayr verweist auf „gesundheitliche Gründe“, die sie jeden Winter nach Griechenland treiben. Man muß an ihren „Flammenschmerz“ denken. (Villa Ichon, bis 20.12.; dortselbst im Treppenhaus hängen übrigens drei Dutzend „Wahlkampfplakate“ für Oskar, die eine „Aktion für mehr Demokratie“ bei bildenden KünstlerInnen bestellt hat. Mitgemacht haben u.a. Penck, Uecker, Grass, Trockel, Gerz, Staeck, Hrdlicka.) Bus

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