: Saddam gibt sich unbeeindruckt
■ Nach der Verabschiedung der UNO-Resolution 678 droht Irak mit „beispiellos harter Reaktion“ im Fall eines Angriffs/ UdSSR will nur Truppen schicken, wenn Sowjetbürger gefährdet sind
New York/Bagdad/Moskau/Bonn (taz/ap/dpa/afp/) — Als „unrechtmäßig, null und nichtig“ bezeichnete der im Irak regierende Revolutionäre Kommandorat die UNO-Resolution 678. Gegen die Stimmen Jemens und Kubas und bei Enthaltung Chinas hatten die übrigen zwölf Mitglieder des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen am Donnerstag abend beschlossen, dem Irak eine Frist von 45 Tagen einzuräumen, um seine Truppen aus Kuwait abzuziehen. Nach Ablauf des Ultimatums am 15. Januar können die UN-Mitgliedstaaten „alle notwendigen Mittel“ einsetzen, um den Irak zum Rückzug zu zwingen. Damit hat die internationale Organisation einen möglichen militärischen Angriff auf den Irak a priori legitimiert. Die Führung in Bagdad warnte, den USA und ihren Verbündeten werde im Fall eines Angriffs eine „harte Lektion erteilt, die beispiellos in der Geschichte“ sei. Die ägyptische und die saudische Regierung würden „in der Schlacht vernichtet“.
Während US-Präsident George Bush von einer „sehr durchschlagenden Erklärung“ sprach und den Frieden nun näher wähnte, stellte der sowjetische Außenminister Eduard Schewardnadse klar, daß sein Land keine Truppen in die Golfregion entsenden werde. Die Erinnerung an die „Tragödie in Afghanistan und der Tschechoslowakei“ sei noch zu frisch. Nur im Fall einer Gefährdung von Sowjetbürgern würden militärische Maßnahmen in Betracht gezogen. Frankreichs Außenminister Dumas gab bekannt, sein Land, Großbritannien, die Sowjetunion und die USA würden Saddam Hussein persönlich haftbar machen, falls der Irak im Kriegsfall chemische oder biologische Waffen einsetzen sollte. Israels Ministerpräsident Jizchak Schamir versicherte, sein Land sei bereit, an der Seite der USA zu kämpfen, falls es von Washington dazu aufgefordert werde, andererseits sei Israel willens, weiterhin diplomatische Zurückhaltung zu üben.
Der von den USA in den vergangenen Tagen verzögerten Behandlung einer UNO-Resolution über die Situation der Palästinenser in den von Israel besetzten Gebieten steht nun nichts mehr im Wege. Wie arabische Diplomaten gegenüber der US-Presse bestätigten, wollen sich die USA der von arabischen Staaten geforderten Entsendung eines „Ombudsmanns“ in die besetzten Gebiete nicht widersetzen. Washington hatte dies vorab informell als Gegenleistung für die reibungslose Verabschiedung der gegen den Irak gerichteten Sicherheitsresolution zugesagt. Israel hat dies kritisiert und den USA Wortbruch vorgeworfen.
In der Bundesrepublik brachten nur wenige kritische Stimmen Dissonanzen in den Chor der Zustimmung zur UNO-Resolution ein. Nach Ansicht der Bundesregierung wurde „ein weiteres Zeichen der Entschlossenheit gesetzt, den Konflikt mit friedlichen Mitteln zu lösen“. Der SPD-Parteichef Hans-Jochen Vogel sprach von einer deutlichen Warnung an den Irak. Bildungsminister Jürgen Möllemann (FDP), der zugleich Präsident der Deutsch-Arabischen Gesellschaft ist, meldete Kritik an: „Ich möchte nicht gern sehen, daß der Weltsicherheitsrat zu einem Weltkriegsvorbereitungsrat degeneriert.“ Noch deutlicher wurde der außenpolitische Sprecher der Grünen/Bündnis 90, Helmut Lippelt. Ein Krieg — auch mit ABC-Waffen — im Nahen Osten sei jetzt zum Greifen nahe. „Wer mit Ultimaten gegen halsstarrige Diktatoren vorgeht“, so der Grüne, „setzt sich selbst unter den Zwang, die Explosion auslösen zu müssen.“
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