Von Berlin bis Hollywood

■ Überblick über Fernsehsendungen zum 100. Geburtstag des Regisseurs Fritz Lang

Wohl noch nie wurde ein Regisseur so umfassend und aufwendig von den deutschen TV-Anstalten gewürdigt wie derzeit Fritz Lang, der am 5.Dezember 100 Jahre alt geworden wäre.

Nach den bereits gezeigten Lang- Filmen folgt heute Nachmittag um 13.45 Uhr im ZDF Das Todeshaus am Fluß aus dem Jahr 1949, die Geschichte eines Schriftstellers, der zum Mörder wird und mit der Beschreibung seiner Taten plötzlich Erfolg als Romanautor hat. Wie das erste von mehreren Mordopfern inDas Todeshaus am Fluß muß sich auch die Hauptfigur in Gardenia — Eine Frau will vergessen (Nord 3, heute, 21 Uhr; Mittwoch, West 3, 22.45 Uhr) gegen einen zudringlichen Mann wehren; wieder gibt es eine Leiche. Diesmal überlebt die Frau und wird des Mordes bezichtigt...

Pro 7 hält mit bei der allgemeinen Lang-Ehrung und zeigt um 23.15 Uhr einen der bekanntesten Filme des gebürtigen Wieners, der im Berlin der Weimarer Zeit Karriere zunächst als Szenarist und später als Regisseur machte. M — eine Stadt sucht einen Mörder, 1931 gedreht, war als einer der ersten Tonfilme aus deutschen Studios, über die Grenzen hinweg erfolgreich und verhalf dem Hauptdarsteller Peter Lorre zu einer internationalen Karriere.

Zwei Porträts ergänzen diese drei Spielfilme. Fritz Lang — Ein vom Filom Besessener (Nord 3, 22.25 Uhr) und Fritz Lang — Wien, Berlin, Hollywood (West 3, 23 Uhr).

M war der vorletzte in Deutschland gedrehte Film Langs. Der Produzent David O. Selznick verpflichtete den Emigranten 1934 für die Metro-Goldwyn-Mayer. Während sich Lang in Los Angeles zu etablieren suchte und die Landessprache erlernte, verließ Selznick die MGM. Diese bedeutete nicht gerade eine Erleichterung für den um Aufträge ringenden Deutschen. Erst 1936 gelangte mitFury (Zorn) seine erste amerikanische Regiearbeit in die US-Kinos (Dienstag, DFF 1, 21.30 und Freitag, ZDF, 23.20 Uhr). Hier war Spencer Tracy der unschuldig Verfolgte, der sich an seinen Peinigern rächt, indem er sie durch Manipulation der Indizien selbst zu Verdächtigen stempelt. Anschließend an den Film zeigt DFF 1 den Filmessay Fritz Lang — Die Stimme von Metropolis (23.10 Uhr) von Fred Gehler und Ullrich Kasten. Derweil läuft auf Pro 7 (22.55 Uhr) schon You Only Live Once (Gehetzt), Langs motivisch an Fury anknüpfender zweiter US-Film aus dem Jahr 1936, in dem Henry Fonda in letzter Konsequenz Opfer eines lynchfreudigen Mobs wird.

Ein besonderes Ereignis ist die Aufführung des restaurierten StummfilmsDie Nibelungen (Mittwoch, Nord 3, 21.45). Das monumentale, zweiteilige Epos entstand in den Jahren 1922 bis 1924 und galt der Co-Autorin und damaligen Lang- Gattin Thea von Harbou als Beschreibung eines Jahrhunderts, „in dem der Uranfang, die Mythen, das Märchen, Erinnerung an den Beginn des Menschengeschehens mit der auch uns vertrauten Feierlichkeit früherer Dome sich paaren sollten.“ Keine Frage, daß die Nazis diese urdeutsche Heldensaga zu schätzen wußten. Christian Bauer berichtet in seinem Film Die Auferstehung der Nibelungen im Anschluß an die Ausstrahlung über die zehnjährige Geschichte der Wiederherstellung dieses Films. Hessen 3 hat dann noch um 0.00 Uhr die Dokumentation Es war 1890 — Fritz Lang wird geboren im Programm.

In direkter Folge nach Rache für Jesse James drehte Lang mitWestern Union gleich noch einen zweiten Western, und den betrachtete er als „die Legende des alten Westens als amerikanisches Gegenstück zu den germanischen Mythen“, womit er wohl auf die Nibelungen abzielt, weshalb West 3 mit der Ausstrahlung dieses Films am Donnerstag um 20 Uhr das Programm der norddeutschen Kollegen vom Tag zuvor prima ergänzt.

In Gefährliche Begegnung (Donnerstag, 3sat, 22.25 Uhr) betrachtet Edward G. Robinson das Gemälde einer Frau und begegnet wenig später ihrem sehr lebendigen Ebenbild. Er, ein verheirateter Mann mit Familie, läßt sich mit der Fremden ein, das kann natürlich nicht gut gehen.

Einen weiteren Klassiker gibt es am Freitag mit Der süße Tod (ZDF, 14.10 Uhr), dem ältesten erhaltenen Stummfilm von Fritz Lang. Die Originalfassung dieses „Deutschen Volksliedes in sechs Versen“, so die Autoren Harbou und Lang, wurde vom ZDF rekonstruiert und mit einem neuen Soundtrack unterlegt. H.K.