piwik no script img

Lafontaine sieht nur noch die Zukunft

Der SPD-Kandidat will weitermachen/ Die SPD sieht sich trotz ihrer Niederlage im Aufwind — bei der Jugend/ Währenddessen herrschen bei den Freien Demokraten nur eitel Freude und Glückseligkeit  ■ Aus Bonn Tina Stadlmayer

„Oskar, Oskar“, skandierten die in der Vorhalle der Bonner SPD-Baracke versammelten Jugendlichen, als ihr Idol endlich auftrat. „Also, wir haben die Wahl verloren. Es hat keinen Sinn, darum herum zu reden“, sprach der sehr abgekämpft wirkende SPD-Kanzlerkandidat. Das „Drehbuch“ für diese Wahl sei für die Regierung gelaufen.

„Es war jedoch auch eine Generationenwahl“, meinte er, „es ist uns gelungen, die Jugendlichen zu mobilisieren.“ Dies gebe ihm Hoffnung für die Zukunft.

Er werde seine Themen weiter vertreten: „Arbeitsplätze, Umweltschutz, Staatsfinanzen und der Gang der Wirtschaft.“ Auf die Frage, ob er jetzt für den Parteivorsitz kandidiere, ließ Lafontaine seine Entschlossenheit durchblicken: „Ich werde dabei sein, um die Partei nach vorne zu bringen.“ Ob er sein Saarbrücker Bundestagsmandat annehme, wisse er noch nicht. Nach diesem kurzen Statement rief er den versammelten Jusos zu: „Ich setze auf Euch, daß wir gemeinsam die Themen der Zukunft vertreten — langfristig werden wir Erfolg haben.“

Zuvor hatten SPD-Geschäftsführerin Anke Fuchs und der Parteivorsitzende Hans Jochen Vogel den Journalisten das Warten auf Oskar verkürzt. „Lächeln!“ rief ein Photograph Anke Fuchs zu. „Es gibt zwar keinen Grund ...“ Die Geschäftsführerin rang sich prompt ein gequältes Lächeln ab. „Das Ergebnis ist lange nicht das, was wir erwartet haben“, sagte sie den Journalisten.

Der Parteivorsitzende Vogel erzählte zunächst, es erfülle ihn „mit Genugtuung“, daß seit 57 Jahren „die ersten freien gesamtdeutschen Wahlen“ stattgefunden hätten. „Wir haben unser Wahlziel nicht erreicht“, sagte er dann trocken und bedankte sich bei Oskar Lafontaine „für den beispiellosen Einsatz und das Standvermögen, das Bewunderung verdient“.

Er sei froh, daß die Republikaner nur wenige Prozente erreicht hätten. Auch die „Abnahme bei der PDS“ freue ihn. Über die Grünen sagte er kein Wort.

Im Zelt vor der FDP-Zentrale spielte eine Dixieland-Kapelle: Die Liberalen freuten sich. Nach den ersten Hochrechnungen trat der Parteivorsitzende Otto Lambsdorff auf: „Die FDP hat ihr drittbestes Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik“, freute er sich im Vollgefühl des Sieges und zeigte sich gelassen: Der Bundeskanzler könne durchaus am 20. Dezember gewählt werden — dies sei „jedoch kein Muß“. Auf jeden Fall müßten sorgfältige Koalitionsvereinbarungen ohne Zeitdruck stattfinden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen