■ NOCH 3315 TAGE BIS ZUM JAHR 2000: Der moderne Rockzirkus
Saftige Skandale gehören ebenso zur Rockmusik wie die E-Gitarre. Eine, die immer für ein paar Schlagzeilen gut ist, ist Madonna. In dem Video zu ihrem Song Like a Prayer fügte sie sich Kreuzigungswunden zu, in einem Werbespot, in dem sie junge Amerikaner zum Wählen aufforderte, wickelte sie sich halbnackt ins Sternbanner, und sie gab öffentlich bekannt, daß sie Schläge mag. Es gab zwar immer eine Menge Aufregung, aber die hatte Madonna natürlich eingeplant. Diesmal jedoch scheint sie zu weit gegangen zu sein, das findet wenigstens der kommerzielle Musikkanal MTV. Sie wollen ihr neues Video mit dem Titel Justify my Love nicht senden. Madonna stellt mit ihrem Liebhaber Tony Ward in dem Stück voyeuristische, bisexuelle und sadomasochistische Phantasien dar. Aber MTV hat trotzdem einen Dreh gefunden, um für die Sängerin Werbung zu machen. Sie beschränken sich darauf, die stärksten Stellen aus dem Stück zu dokumentieren und dem Publikum zu erklären, warum sie das Video nicht senden.
Auch die Bühnenshows im modernen Rockzirkus werden immer ausgefeilter. Ein für grelle Lichteffekte selbstgebastelter Superblitz der amerikanischen Rockband „In and Out“ ist letzten Samstag mitten im Ballsaal eines Motels in Florida explodiert und hat dabei 24 Menschen verletzt. Ein Mann schwebt noch in Lebensgefahr, drei wurden schwer verletzt. Das von der Band selbst entworfene und gebaute Gerät bestand aus einem Rohr mit Holzfuß. Das Rohr wurde mit rauchlos verbrennendem Pulver gefüllt. Die Zündung erfolgte elektronisch. Der Wahnsinnsapparat war bereits zwei Jahre lang ohne Pannen verwendet worden. „Es war nicht zu fassen. Ich klaubte hinterher noch Stücke der Bodenkacheln aus meinem Haar. Meine Ohren sausen noch immer“, berichtete hinterher eine Besucherin der Supershow.
Da ist es beruhigend, das wenigsten die Rock-Opas sich nicht geändert haben. Mick Jagger z.B. ist gerade Hindu geworden und geriet wieder mit einer Heirat in die Schlagzeilen der Musikpresse. Er heiratete „heimlich“ seine langjährige Freundin Jerry Hall in Ubud auf der Insel Bali. Während sich das glückliche Paar auf einer fernöstlichen Hochzeitsreise befindet, überließen sie es dem Priester Ida Pedanda Budha Sukawati, das Ereignis bekanntzugeben. Der erklärte, er habe das Paar hinduistisch getraut. Zuvor hätten die beiden eine Erklärung unterzeichnet, in der sie sich zum Hinduismus bekennen. Karl Wegmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
