Medizinische Geräte für Puschkin

■ Bezirksamt Neukölln beginnt eine Spendenaktion für Kindersanatorien und -krankenhäuser/ Kinderarzt Reinhard Bunjes: »Es fehlt an Basisgeräten, Medikamenten und Kindernahrung«

Neukölln. »Noch ist es in Leningrad und Puschkin nicht so schlimm wie in Afrika«, meinte gestern im Rathaus Neukölln der mit internationalen Hilfsaktionen vertraute Kinderarzt Reinhard Bunjes, »denn in Rußland kann man noch helfen. Es ist noch nicht alles im Eimer.«

Bunjes war Anfang dieser Woche mit einer kleinen Delegation in Puschkin nahe Leningrad. Das Bezirksamt Neukölln hat schon seit 1988 gute Kontakte zu dieser Stadt, die berühmt ist, weil hier die ehemalige Sommerresidenz der russischen Zaren — »Zarskoje Selo« — liegt. Nach der Revolution wurden in den weitläufigen Parkanlagen Kinderheime und Kindersanatorien errichtet, und die gibt es heute noch dort.

Und genau diesen Kindern, viele tausend sind es, soll jetzt geholfen werden, denn es mangelt an vielem. Ganz besonders fehlen in den Sanatorien und Kinderkrankenhäusern die einfachsten medizinischen Geräte, die in Deutschland maximal 3.000 DM pro Stück kosten. »Die Ausrüstung in den Einrichtungen ist erschreckend«, sagt Bunjes, »es fehlen nicht nur die Standardgeräte, sondern auch die sogenannten Verbrauchsmaterialien, wie Einwegspritzen und Infusionssysteme.« Es gibt keine Ultraschallgeräte, keine Meßgeräte, keine kardiologischen Monitore. In den beiden Kinderkrankenhäusern, erzählt Bunjes, sterben Frühgeburten, weil beide Krankenhäuser zusammen nur einen Brutkasten besitzen.

Der Kinderarzt hat gemeinsam mit den sowjetischen Kollegen eine Liste von fehlenden Basisgeräten aufgestellt und hofft jetzt, daß die Neuköllner Spendenaktion »Rußland-Nothilfe» erfolgreich ist. Im Januar soll dann ein Lastwagen der Technischen Nothilfe Neukölln den Segen nach Puschkin bringen. »Kein von den Spendengeldern angeschafftes Gerät ist schwer zu bedienen«, sagt Bunjes, »die Kollegen kennen diese Geräte, und Ersatzteile sollen gleich mitgeliefert werden.« Nicht nur für die medizinischen Ausrüstungen will die Initative sammeln, sondern auch für Medikamente, wie schlichteste Herz- und Vitaminpräparate sowie für Kindernahrung. »Die Kinder in den Sanatorien, Krippen und Waisenhäuser sind nicht am Verhungern«, sagt Bunjes, »aber die Nahrung ist extrem einseitig, alle Mahlzeiten werden mit Wasser gestreckt. Wenn nicht jetzt geholfen wird, dann sind schwerste Ernährungsstörungen zu befürchten.«

Die Neuköllner haben darüber hinaus eine Liste mit 394 Puschkiner Familien mitgebracht, die alle, weil sehr kinderreich, bedürftig sind. Berliner, die mit diesen Familien Kontakt aufnehmen und sie beschenken möchten, sollen sich an das Bezirksamt wenden. Sowohl Bunjes als auch die ihn begleitenden Ärzte und Politiker legen ihre »Hand dafür ins Feuer, daß alle Hilfsgüter an die richtige Adresse kommen«. Versprochen wurde dies über eine telefonische Zuschaltung auch vom Oberbürgermeister der Stadt, Juri Nikiforow. Nach Weihnachten wird er nach Berlin kommen und bei einem Benefizkonzert des Rimsky-Korsakow- Quartetts über Puschkin und die Kinderheime berichten. Unterstützt wird die Aktion von dem Bezirk Treptow und von der Stadt Passau.

Jüdische Hilfsaktion

Die Jüdische Gemeinde will zum Chanukka (Lichterfest) die Kinder der sowjetischen Emigranten beschenken. In den 27 Aufnahmeheimen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR leben mehrere hundert Kinder bis zu 14 Jahren. aku

»Rußland-Nothilfe«, Berliner Bank, Konto.-Nr. 0837600001;

Jüd. Gemeinde. »Europ.Soli.Aktion«, Berliner Bank, Konto-Nr. 0102320909