: Geiseln schon Weihnachten zu Hause?
■ Bush: „Damit ist erst eine von drei UNO-Forderungen erfüllt“/ USA bitten Nato-Länder um Kampfeinheiten für den Golf/ Auch die USA lieferten dem Irak Stoffe zur Produktion chemischer Waffen
Bagdad/New York (ap/dpa) — Das irakische Parlament hat gestern die von Saddam Hussein beschlossene Ausreiseerlaubnis für alle ausländischen Geiseln formell bestätigt. Die Evakuierung der rund 8.000 im Irak und in Kuwait festgehaltenen Geiseln aus den USA, West- und Osteuropa sowie Japan soll am Samstag anlaufen. Der irakische UN-Botschafter Al-Anbari hatte noch vor dem erwarteten Parlamentsbeschluß erklärt, sein Land wolle, daß alle vom Irak festgehaltenen Ausländer bis Weihnachten wieder bei ihren Familien seien. Die Fluggesellschaft Iraqi Airways werde neben ihren Linienflügen zusätzliche Maschinen nach Amman einsetzen. Die USA könnten die Ausreise beschleunigen, indem sie Flugzeuge in die jordanische Hauptstadt schickten. Länder, die eigene Flugzeuge nach Bagdad entsenden wollen, um ihre Landsleute dort direkt abzuholen, müssen diese Flüge zuerst vom Sanktionsausschuß der UNO genehmigen lassen.
George Bush sagte in Santiago de Chile dazu, damit sei erst eine von drei in den Resolutionen des UN-Sicherheitsrats gestellten Forderungen erfüllt. Die USA beharrten ebenso unnachgiebig auf dem bedingungslosen Abzug der irakischen Truppen aus Kuwait sowie der Wiedereinsetzung der kuwaitischen Regierung. Eine Verknüpfung der Golfkrise mit dem Palästinenser-Problem wies Bush entschieden zurück.
Der jordanische König Hussein sagte gegenüber der 'New York Times‘, er sei davon überzeugt, daß sich die Iraker nur aus Kuwait zurückziehen würden, wenn zuvor die Palästina-Frage gelöst worden sei. Der König, der am Dienstag mit Saddam Hussein zusammengetroffen war, sagte, Saddam lasse die Geiseln nur aus „kaltem Pragmatismus, nicht aus Angst“, frei.
Die Freilassung der westlichen Geiseln habe die amerikanischen Pläne für die Golfkrise in keiner Weise geändert, erklärte US-Verteidigungsminister Cheney gestern nach Abschluß der Herbsttagung der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel. Ziel der USA bleibe der „vollständige und totale Rückzug“ des Iraks aus Kuwait. Die USA stationierten jetzt am Golf genügend Streitkräfte, um zusammen mit den Truppen anderer Nationen die Möglichkeit einer Offensive zu haben. Ein nur teilweiser Rückzug des Irak aus Kuwait sei nicht akzeptabel. Die USA haben die Nato-Verbündeten in Brüssel um weitere Hilfe in der Golfkrise gebeten. Die erste Reaktion der Verbündeten war nach US-Meinung „allgemein günstig“.
Im Kommuniqué der Nato-Verteidigungsminister hieß es zur Golfkrise: „Wir werden weiterhin internationale Solidarität in der Reaktion auf diese Krise wahren.“ Man hoffe aber auf eine friedliche Lösung. Die einzelnen Bündnispartner würden die gültigen UNO-Resolutionen „in vollem Umfang“ durchsetzen. Auf die Frage, ob der deutsche Beitrag ausreichend sei, antwortete Cheney, die Hilfe aus Bonn sei bisher „sehr hilfreich“ gewesen. Bundesverteidigungsminister Gerhard Stoltenberg sagte, das neue amerikanische Anliegen werde geprüft.
Amerikanische Firmen haben dem Irak mit Zustimmung des Handelsministeriums in mehr als 20 Fällen Substanzen zur Herstellung von biologischen Waffen geliefert. Das teilte einer der Berater der Unterkommission des Repräsentantenhauses zu Handelsfragen, Ted Jacobs, am Donnerstag mit. Das Ministerium habe die Exporte der organischen Stoffe im Wert von 700 Millionen Dollar vom Oktober 1987 an genehmigt.
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