: Sauberes Image für Großkonzerne
Sogenanntes „Öko-Sponsoring“ wird in der Industrie immer beliebter: neuer Wachstumsmarkt Umweltgruppen haben Probleme, für sich klare Grenzen gegenüber den Spenderfirmen zu ziehen ■ Aus München Severin Weiland
Für die Industrie bedeutet der gute Ruf viel, manchmal sogar alles. Wer verkaufen will, braucht ein positives Image. Und dafür zuständig ist wiederum die Werbebranche. Ständig um Neuheiten besorgt, wartet sie seit kurzem mit einem neuen Schlagwort auf: „Öko-Sponsoring“. Was sich dahinter verbirgt, entspringt einem einfachen Gedankengang: Die Industrie hat Geld — Umweltschutzgruppen hingegen wenig, dafür haben letztere aber einen guten Ruf. Wie Öko-Sponsoring funktioniert, zeigen jüngste Beispiele in der Bundesrepublik:
— Der Computerhersteller IBM fördert seit 1985 die Naturschutzorganisation „World Wide Fund“ (WWF) durch zahlreiche Spenden. Daneben werden einzelne Umweltschutzprojekte unterstützt, darunter ein Kranichbiotop am Nusser See im niedersächsischen Winkel.
— Daimer Benz steuerte 1989 rund 180.000 D-Mark für das Naturschutzprojekt Nestosdelta in Nordostgriechenland bei, das von der „Stiftung Europäisches Naturerbe“ betreut wird.
— Das Chemieunternehmen Lever überreichte 1990 der „Deutschen Umwelthilfe“ rund eine Million D-Mark für ein Bodenseeprojekt, das zu „einem Modell vorsorgender Umweltschutzpolitik“ gemacht werden soll.
— Die Informationszentrale „Deutsches Mineralwasser“ zahlt seit 1988 jährlich 50.000 D-Mark an den „Deutschen Naturschutzring“ (DNR), der damit gezielt Gewässerrenaturierungsmaßnahmen einzelner Umweltgruppen fördert.
Nicht überall stößt das Konzept des Öko-Sponsoring auf Gegenliebe. Für Ariane Gottberg, Pressesprecherin bei Greenpeace, steht fest: „Wer sich von der Wirtschaft finanzieren läßt, setzt seine Unabhängigkeit aufs Spiel.“ Öko-Sponsoring lehnt die weltbekannte Umweltschutzorganisation bisher strikt ab. Greenpeace-„Fundraiser“ Gernot Wallmeyer meint, oberstes Ziel müsse es bleiben, „völlig unabhängig zu sein“.
Bei anderen UmweltschützerInnen, die finanziell weniger gut gepolstert sind als Greenpeace, ist Öko- Sponsoring jedoch durchaus in der Diskussion. So beispielsweise beim „Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland“ (BUND). Sogar eine Kommission wurde zum Thema eingesetzt. Sie soll Kriterien erarbeiten, nach denen Geld von Unternehmen angenommen werden darf.
Weniger Skrupel im Umgang mit der Industrie hat Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, zugleich auch Direktor der Stiftung Europäisches Naturerbe. Seit einigen Jahren sammelt er Erfahrungen im Umgang mit der Industrie. Nicht alle Firmen werden als Sponsoren akzeptiert. Mit dem Automobilkonzern BMW brach man die Gespräche ab, nachdem dieser im südfranzösischen Crau mitten in einem Vogelrastgebiet eine bereits vorhandene alte Teststrecke aufkaufte und ausbaute. Für Resch sind Sponsoringgelder von der Industrie angesichts schwindender Mittel aus öffentlichen Haushalten geradezu eine Notwendigkeit: „Wir haben fast kein Geld, aber enorme Verpflichtungen, für die wir qualifiziertes Personal brauchen, und irgenwann muß das auch professionalisiert werden.“
Das Geld der Firmen verbessert nicht nur das Image der Sponsoren. Auch den Gesponsorten erleichtert es häufig den Kontakt zu anderen Unternehmen. Beispiel Wardenburg in Niedersachsen: Die dortige „Biologische Schutzgemeinschaft Hunte- Weser-Ems“ (BSH) erhielt 1989 10.000 D-Mark vom „Informationszentrum Deutsches Mineralwasser“ für die Renaturierung eines Bachs. Im Mai dieses Jahres konnte die BSH einen weiteren Erfolg verbuchen: Der Brillenhersteller Fielmann spendete 5.600 Bäume für eine Wiederaufforstungsaktion. Ablehnen würde BSH-Vorsitzender Remmer Akkermann Sponsoren beispielsweise aus der Atomenergie. Ansonsten aber gilt für ihn: „Solange ich mit Öko-Sponsoring keinen Kuhhandel eingehe und nicht rot werde vor dem Spiegel, ist das verträglich.“
In der Werbebranche gehört dem Konzept Öko-Sponsoring die Zukunft, wie Manfred Bruhn von der „European Business School“ auf Schloß Reichartshausen im Rheingau und Buchautor zum Thema Sozio- und Umweltsponsoring, glaubt. Er erwartet in diesem Bereich die höchsten Zuwachsraten, 1988, so schätzt er, wurden in der Bundesrepublik schon zwischen dreißig und siebzig Millionen D-Mark hierfür ausgegeben. Und für 1992 rechnet er mit fünfzig bis hundert Millionen. Auf Prognosen mit genauen Zahlen will sich hingegen Nikolaus Dahl von der Frankfurter Agentur „Pro Natur“, die von sich selbst behauptet, im Öko-Marketing seit Mitte der siebziger Jahre Vorreiter zu sein, nicht festlegen. Sicher scheint ihm nur eines: „Je mehr die Natur den Bach runtergeht, umso mehr nimmt Öko-Sponsoring zu.“
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