: Rezept(chen) gegen Bremens Pleite
■ Spätestens 1995 droht der Bankrott / Haushaltsberatungen in der Bürgerschaft
Bremen — was soll nur aus Dir werden? Du „älteste Stadtrepublik auf deutschem Boden?“ (FDP). Du „leistungsfähige Stadtregion“, die in einem Atemzug zu nennen ist mit „Singapur, Hongkong und Monaco“ (FDP)? Bremen — es kommen „schwere Gewitterwolken“ auf Dich zu (SPD). Wenn Du eine Firma wärst, müßtest Du Konkurs anmelden (Grüne). Wenn Du ein „Dritte-Welt“-Land wärst, bekämst Du Schuldenerlaß gewährt (Grüne).
Gestern stand in der Bremer Bürgerschaft zwar nur der „Haushalt '91“ auf der Tagesordnung. Die meisten HaushaltsrednerInnen machten sich jedoch den sich abzeichnenden Bankrott des Stadtstaates zum Thema. Denn 1991 liegt die Zinslast noch bei knapp unter einer Milliarde Mark (genauer: bei 978 Mio. Mark), 1994 muß Bremen selbst nach Schätzungen des Finanzsenators schon schon 1,4 Millarden Zinsen an die Banken zahlen. Staatsrat Fuchs hatte schon im Vorfeld der Debatte erklärt: „Wenn der Bund nicht die Hälfte der Bremer Schulden - also rund 7,5 Milliarden Mark - übernimmt, werden wir an der Zinslast ersticken.“
Der Haushalt für das Wahljahr 1991 sieht Ausgaben vor von 6,47 Milliarden Mark. Als „Sparhaushalt“ ist er nicht ganz so eisern ausgefallen, wie in den Jahren davor. Mehr als tausend Stellen sollen im öffentlichen Dienst neugeschaffen werden (im Vergleich zu 1989), der Kulturhaushalt wird um vier Millionen Mark aufgestockt und die Wirtschaftsförderer sahnen mit 202 Millionen Mark kräftig ab (Vergleichszahl 1989: 152 Millionen).
Doch alle haushälterischen Einzelposten werden überschattet von dem drohenden finanziellen Kollaps. Finanzsenator Grobecker erinnerte zudem gleich zu Beginn seiner Rede daran: „Die Finanzierung der Deutschen Einheit ist nach wie vor offen. Jetzt — nach der Wahl — kommen die Grausamkeiten.“ Bremen sei mit Millionenbeträgen an der Finanzierung der Einheit beteiligt. Aber es stehe zu erwarten, daß die Bundesregierung weitere Milliarden zuungunsten der „alten“ Bundesländer umschichte. Grobeckers Warnung: "Mehr verkraftet der Haushalt des ärmsten westlichen Bundeslandes nicht." bd
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