: War Wolfgang Schäuble Fluchthelfer für Schalck?
■ Nach Berichten des 'Stern‘ soll sich der Bundesinnenminister beim Diakonischen Werk für ehemaligen Devisenschieber Schalck-Golodkowski eingesetzt haben/ Schalck führte über Gespräche Protokolle für Mielke
Bonn (ap/adn/taz) — Nachdem die taz Anfang dieses Monats detailliert über die dubiosen Verbindungen zwischen dem ehemaligen Devisenschieber Schalck-Golodkowski und CSU-Freundeskreisen sowie Westgeheimdiensten berichtet hat, wird jetzt im 'stern‘ aufgedeckt, daß die Flucht des früheren Stasi-Generalleutnants aus der DDR von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) gedeckt worden sei. Wie es heißt, soll sich Schäuble beim Diakonischen Werk für Schalck eingesetzt haben.
Unter Berufung auf bislang geheime Dokumente berichtete der 'stern‘, Schäuble habe dem Präsidenten des Diakonischen Werkes, Karl Heinz Neukamm, am 3.Dezember 1989 einen „dringenden Hilferuf“ übermittelt: „Dr. Schalck fühlt sich bedroht, bitte übernehmen Sie seinen Schutz.“ Neukamm habe sich daraufhin um den in der DDR mit Haftbefehl gesuchten Staatssicherheitsoffizier gekümmert. Schalck habe „intensiven Kontakt“ mit Schäuble gepflegt, schreibt das Blatt weiter. Der Devisenbeschaffer habe im Mai 1989 notiert, der Innenminister stehe ihm als Vertrauter des Bundeskanzlers „jederzeit zur Verfügung“. Der Minister erklärte dazu in Bonn: „Richtig ist, daß Schalck-Golodkowski nach seiner Flucht nach West-Berlin versucht hat, mich telefonisch zu erreichen. Falsch ist, daß ich Schalck bei seiner Flucht in den Westen geholfen habe.“ Er, Schäuble, habe über Neukamm „den dringenden Rat ausrichten lassen, sich den Justizbehörden zu stellen, den Schalck-Golodkowski bekanntlich befolgt hat“.
Wie es im 'stern‘ heißt, habe der frühere Devisenhändler nach jedem Gespräch mit BRD-Politikern Protokolle angelegt und an den Minister für Staatssicherheit, Mielke, geschickt. Der verstorbene CSU-Chef Franz-Josef Strauß habe dem Stasi-Offizier Wissen aus erster Hand geliefert, „für dessen Übermittlung ein normaler Bundesbürger wegen nachrichtendienstlicher Tätigkeit für die DDR eingesperrt worden wäre“, so über Details wie das Produktionsprogramm des Rüstungskonzerns Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) und strategische Analysen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen