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Eine Frau an der Spitze des DGB

■ Vizevorsitzende Christiane Bretz zur neuen Chefin gewählt/ Mehr Frauenpolitik und Ausländerarbeit

Berlin. Zur neuen Vorsitzenden des Berliner DGB ist gestern auf Vorschlag der ÖTV die bisherige Vizevorsitzende Christiane Bretz gewählt worden. Von den 47 stimmberechtigten Delegierten der außerordentlichen Landesbezirkskonferenz votierten 32 für sie, und 14 stimmten bei einer Enthaltung gegen sie. Christiane Bretz war, nachdem wenige Tage vor der Wahl der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, Manfred Müller, seine Kandidatur zurückzog, die einzige Kandidatin für die Nachfolge des scheidenden Vorsitzenden Michael Pagels. Müller begründete seinen Entschluß vor den Delegierten mit dem fehlenden Vertrauen des DGB-Bundesvorstandes.

Christiane Bretz ist seit 1986 hauptamtliches Vorstandsmitglied und stellvertretende Landesbezirksvorsitzende. Zuvor war sie als Mitglied im DGB-Landesbezirk zuständig für die Bereiche Frauen, Bildung, Angestellte, Beamte und den öffentlichen Dienst. In ihrer Vorstellungsrede bezeichnete sie die hohe Arbeitslosigkeit und die unterschiedlichen sozialen Verhältnisse in Ost- und West-Berlin als besonders drükkende Gewerkschaftsprobleme. Ausdrücklich betonte sie, daß sich die Berliner DBG-Politik unter ihrem Vorsitz nicht grundsätzlich ändern werde. Die Vorschläge zu einem Struktur- und Entwicklungsplan für die Wirtschaftsregion Berlin- Brandenburg, für eine regionale Wirtschaftsförderungsgesellschaft und zu regionalen Weiterbildungs- und Arbeitsmarktgesprächen blieben bestehen.

Deutlicher als bisher will sich Christiane Bretz für die Verbesserung der sozialen Infrastruktur im Osten, angefangen bei der Gesundheitsvorsorge bis zur Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit einsetzen. Ein besonderes Anliegen ist ihr die Situation der Frauen. »Es darf nicht dazu kommen«, sagte sie, »daß Frauen nur deswegen vom Arbeitsmarkt gedrängt werden, weil sie nicht wissen, wohin mit den Kindern.« In vorderster Reihe müßte der DGB auch bei der Bekämpfung der Ausländerfeindlichkeit stehen, die sich massiv vor allem im Bezirk Frankfurt/Oder gegen die polnischen Pendler richtet. Vom neuen Senat forderte sie Perspektiven für die Stadt. »Olympia 2000« reiche nicht aus, das Wahlergebnis wäre eine Quittung für die konzeptionslose Arbeitsmarktpolitik gewesen. Deutliche Kritik übte sie auch am DGB-Bundesvorstand, der auf die besonderen Probleme Berlins unflexibel und zu langsam reagiere.

In die freie Vizeposition wurde im zweiten Wahlgang mit 23 Stimmen Bernd Rissmann (Deutsche Postgewerkschaft) gewählt, sein Gegenkandidat Volker Fiebig (IGM) erhielt 22 Stimmen. Die Kandidatin der CDA, Almut Mommert (Gewerkschaft der Polizei), unterlag schon im ersten Wahlgang mit vier Stimmen. »Der Gedanke der Einheitsgewerkschaft ist bei den Delegierten noch nicht verwurzelt«, kommentierte sie das Ergebnis. aku

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