: Der Grzimek des Ostens soll gehen
■ Die »Abwicklung« des Tierparks ruft massive Proteste hervor/ Der Tierpark soll nicht geschlossen, sondern in eine GmbH umgewandelt werden/ Die miese Behandlung des beliebten Tierparkdirektors Professor Heinrich Dathe stößt auf Empörung
Friedrichsfelde. Zittern um die Zukunft des Tierparks: Der berühmte Landschaftsgarten in Friedrichsfelde soll zwar nicht geschlossen, aber »abgewickelt« werden. Für seine 450 Mitarbeiter bedeutet der von der Senatsverwaltung für Finanzen angeordnete Schritt ein großes Hangen und Bangen, ob sie weiterbeschäftigt werden.
Die Gemüter sind in Wallung — auch außerhalb. Sein Telefon klingle unablässig, berichtet der Sprecher des Tierparks, Dieter Stock. Selbst aus Dresden seien Solidaritätsbekundungen eingegangen. Auch in der taz meldeten sich viele empörte LeserInnen. »Ich könnte heulen«, so eine Frau, »die ganzen Einrichtungen der DDR gehen zugrunde. Das ist so eine tolle Anlage, auch wenn es für mich immer ein Kummer war, daß man Tiere überhaupt einsperrt.« Vor allem die Versetzung des 80jährigen Tierparkchefs Professor Heinrich Dathe in den Ruhestand und das — inzwischen auf ein halbes Jahr Frist verlängerte — Ultimatum an ihn, seine Wohnung im Park zu räumen, sei eine »Infamie, die ihresgleichen sucht«. Dathe ist bei den Ex-DDR- Bürgern ausgesprochen beliebt und gilt als der Grzimek des Ostens.
Auch Herr Stock gerät hier in Wallung: Die Art und Weise, »wie man den Nestor der deutschen Tierparks in die Wüste schickt«, sei »skandalös«. Die Belegschaft frage sich nun, wie man mit ihr umzuspringen gedenke, wenn man schon den berühmten Direktor so behandele.
»Das hätte man etwas freundlicher machen können«, findet auch der Pressesprecher der Senatsverwaltung für Finanzen, Uli Oel, angesichts des in der Magistratsverwaltung für Kultur formulierten Ultimatums. Die Versetzung Dathes in den Ruhestand sei allerdings durch rechtliche Bestimmungen im Einigungsvertrag zwingend gewesen, man habe sie mit Rücksicht auf seinen 80. Geburtstag nur hinausgezögert.
Aus den gleichen Gründen, so der Finanzsprecher weiter, sei auch die »Abwicklung« des Tierparks vonnöten. Die nicht mit einer Kündigung zu verwechselnde Mitteilung an die Belegschaft, daß das alte Arbeitsverhältnis Ende Dezember beendet sei, sei aus juristischen Gründen erforderlich. Die Landesregierung bleibe bei ihrer Ankündigung, daß der Tierpark erhalten, aber in eine GmbH umgewandelt werden soll, in der das Land Berlin die Mehrheit hält. Aber: »Es wird wohl Frühjahr bis Frühsommer werden, bis diese GmbH steht.« Um den Weiterbetrieb zu sichern, solle »der große Teil« der Belegschaft befristete Arbeitsverträge erhalten. Der gesamte Mitarbeiterstab könne jedoch nicht hinübergerettet werden: »Der Zoologische Garten arbeitet bei doppeltem Tierbestand mit der Hälfte der Leute. Allerdings kann man die beiden Einrichtungen zugegebenermaßen schwer vergleichen: Der Tierpark ist viel größer und gleichzeitig maschinell viel schlechter ausgestattet.«
Doch solche Rechenspiele vermögen die wallenden Gemüter keineswegs zu beruhigen. »Wir wissen nicht, ob wir uns verkleinern müssen oder gar unter die Fittiche des Zoologischen Gartens geraten«, meint Stock. »Die Mitarbeiter fühlen sich verschaukelt.« Ute Scheub
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen