: Willkür statt Bildung an ostdeutschen Unis
■ Studentenproteste vor dem sächsischen Landtag
Dresden (taz/dpa) — Eine aktuelle Stunde des sächsischen Landtages zur Neuordnung der Hochschullandschaft ist am Freitag mit Protest von rund 2.000 Studenten und Hochschullehrern bedacht worden. Die Abgeordneten mußten sich den Weg durch ein dichtes Spalier der aufgebrachten Menge vor der Dreikönigskirche bahnen. Sie machten ihrem Unmut gegen den Entscheid des Kabinetts von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) Luft, der vorsieht, die Sektion Journalistik der Karl-Marx-Universität Leipzig, die Deutsche Hochschule für Körperkultur und Sport in Leipzig und das Literaturinstitut zu schließen.
Die Protestierenden forderten den Rücktritt von Wissenschaftsminister Hans-Joachim Meyer. Dieser versuchte in einem Gespräch zu klären: Das Gesetz ziele nicht auf ein Ende von Studiengängen oder auf das Ende von Lehre und Forschung ab, sondern auf notwendige drastische Schritte zur Neustrukturierung des sächsischen Hochschulwesens. Die Studenten könnten alle ihr Studium beenden und ihr berufliches Ziel erreichen. Die Beschwichtigungen können jedoch nicht die Kritik der Studenten beschwichtigen. Der Kabinettsbeschluß zur „Abwicklung“ bleibt bestehen, was für die betroffenen Hochschulen das Aus bis zum Jahresende bedeutet.
Bereits gestern stießen die Vorhaben der ostdeutschen Landesregierungen zur Reformierung ihrer Hoch- und Fachschulen auf energischen Protest von Studenten und Lehrkräften. Auf Kundgebungen in Erfurt, Leipzig, Dresden, Berlin und Schwerin wurde immer wieder betont, daß die neuen Bildungspolitiker ihre Reformprojekte zu rigide durchsetzten und die von der Basis in den Hochschulen bereits erreichten Demokratisierungsfortschritte nicht in Rechnung stellten. Das Konzil der Ostberliner Humboldt-Universität protestierte gegen die „Art und Weise“, in der der Senat von Berlin Teile der Bildungsstätte personell und strukturell umbauen will.
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