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Tz, tz, tz...

■ Die Suche nach einem Sympathieträger beim VfB PRESS-SCHLAG

...und wo wir uns gerade über Sympathieträger unterhalten (ja, wir reden nämlich schon eine ganze Weile miteinander, sie haben nur wieder einmal zu spät die Zeitung aufgeschlagen, tz, tz, tz), wo es also um Sympathieträger geht, läßt sich feststellen, daß es damit beim VfB Stuttgart ganz mau aussieht.

Bevor aber nun die Mauheit näher beschrieben wird, soll es zunächst einmal um die Sachen gehen, die heute fehlen werden. Ersten: Wortspiele mit Matthias Sammer. Kein Sammertime-Blues, nix Sammer in the City, noch viel weniger Sammernachtstraum. Nicht etwa, weil der Mann am Sonntag abend grottenschlecht gekickt hätte (hat er wirklich), sondern weil solcher Unfug mit dem auslaufenden Jahr 1990 verboten und künftig bei Zuwiderhandlung durch Auspeitschen mit der neunschwänzigen Katze bestraft wird.

Zweitens: Redewendungen mit Weihnachten. Nein, der VfB hat sich nicht mit den zwei Punkten gegen die Frankfurter das schönste Geschenk auf den Gabentisch gelegt; nein, es war für die Eintracht keine schöne Bescherung.

Drittens: Kältewitze derart, nur der Glühwein hat im Neckarstadion die Zuschauer erwärmen können (hat er wirklich), weil das einfach zu abgeschmackt daherkommt und nach dem grottenschlechten Kick die Lust auf gute Scherze einfach fehlt.

Jetzt könnten wir mit den Sympathieträgern weitermachen, aber wo es gerade ums Spiel geht: tz, tz, tz. Anders ausgedrückt: So nicht. Gerhard Mayer-Vorfelder mag das schon wieder zu kritisch sein, trotzdem: tz, tz, tz. Der Präsident nämlich hat als guter Christ(-Demokrat) das Jahr besinnlich Revue passieren lassen und festgestellt, er sei „sehr kritisch begleitet worden“. Haan gegangen, Entenmann gekommen, Entenmann gegangen, Daum gekommen, Tabellenplatz schlecht — da murren die Schwaben.

Damit der Kultusminister nicht erneut Gelegenheit zur Schelte hat, dürfen die beiden Trainer die Beurteilung des Spieles übernehmen. Berger: „Enttäuscht...einige nur neunzig Minuten heruntergespielt ...erschreckend... einige Herren sind zu feige ... Konsequenzen ziehen.“ Daum: „Hätte viel zu kritisieren ... führt auf Dauer nicht weiter ... blauen Auge davongekommen.“

Im neuen Jahr wird das alles anders, das hat der Stuttgarter Trainer im Stadionblättle versprochen, durch: „Arbeit, Arbeit, und noch einmal Arbeit“; nur bevor sich da einige allzu viel Hoffnung machen, blenden wir ein Jahr zurück auf den Genossen Egon Krenz und seinen Ansatz, mit dem er die fünf neuen Bundesländer vor dem Schicksal retten wollte, zu fünf neuen Bundesländern zu werden: „Awwait, Awwait und nochmals Awweit“, hat er durch die gebleckten Zähne angekündigt, und heute wissen wir schließlich, wie solche Ankündigungen zu nehmen sind: als Drohung. Das Ende ist dann nimmer weit.

Das wäre vor allem Schade um Karl Allgöwer, den alten Sozi Hans-Jochen-Vogelscher Prägung. Das ist kein Lafontaine, nein, nein. Der hätte den Parteivorsitz nicht abgelehnt. Ihr braucht mich? Hier bin ich! Die Kapitänsbinde? Her damit! Mittelstürmer soll ich sein, auf die alten Tage? Mach ich glatt! Ein braver Vereinssoldat, dieser pfeifenlose schwäbische Engholm. „Kalle, auf“, schreien die Fans als Ausdruck letzter Hoffnung. Und tapfer ist er hin und hergedackelt, den Querpässen von Körbel nachgetrabt.

So sieht es doch aus mit der Mauheit: M.-V., Daum, Hoeneß, Buchwald, nirgendwo einer, an den man das Herz hängen könnte bei diesem Verein. Sympathieträger? Bleibt doch nur der Kalle, ein biederer Sozialdemokrat. Bedenklich, sehr bedenklich. Tz, tz, tz. Herr Thömmes

Stuttgart: Immel — Nils Schmäler — Schäfer, Buchwald — Schnalke, Hartmann, Sammer, Kögl, Frontzek (53. Gaudino) — Sverrisson, Allgöwer. Frankfurt: Stein — Binz — Roth, Körbel — Eckstein, Falkenmayer, Möller, Bein, Weber — Gründel, Turowski (46. Yeboah).

Zuschauer: 19.500, Tore: 1:0 Buchwald (48.), 2:0 Sverrissson (61.), 2:1 Bein (90.).

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