: Das Investitionsverbot für Südafrika hat kaum gestört
■ Die Lockerung des Boykotts der EG-Staaten ist wirtschaftlich unbedeutend
Johannesburg (dpa) — Der Beschluß der Europäischen Gemeinschaft vom Wochenende, das Verbot von Neuinvestitionen in Südafrika aufzuheben, war für die Politiker der weißen Regierung am Kap das schönste Weihnachtsgeschenk. Sogar Zuluhäuptling Mangosuthu Buthelezi geriet ins Schwärmen, als er sich viele neue Arbeitsplätze für die Schwarzen Südafrikas vorstellte. Bei der Befreiungsbewegung Afrikanischer Nationalkongreß (ANC), die selber bestimmen will, wann welche Sanktionen fallen, gab es dagegen lange Gesichter. Doch die wirtschaftlichen Auswirkungen dürften ohnehin nur gering sein.
Kein Zweifel: Die Rücknahme des fünf Jahre alten Verbots war ein deutliches politisches Signal: Die Reformpolitik Pretorias ist offiziell von der Gemeinschaft honoriert worden. Für Staatspräsident Frederik de Klerk gab es das Versprechen, daß auch andere EG-Sanktionen fallen, wenn er seinen Weg bis zur endgültigen Abschaffung der Apartheid fortsetzt. Im Gegensatz zu den anderen seit September 1986 geltenden EG-Wirtschaftssanktionen (Einfuhrverbot für Eisen, Stahl und Goldmünzen aus Südafrika) hatte der Investitionsstopp eher den Charakter eines Appells an die Privatwirtschaft.
Die zwölf EG-Staaten hatten die Beschränkungen ohnehin recht freizügig interpretiert. Während Großbritannien — das sich immer gegen Sanktionen ausgesprochen hatte — schon Anfang des Jahres Investitionen freigab, war das Verbot in Dänemark bindend. In der Bundesrepublik und den Benelux-Staaten blieb es bei freiwilligen Einschränkungen.
Sie meisten kleinen und mittelständischen Unternehmen brauchten aber auf die Beschränkungen kaum Rücksicht zu nehmen. Größere Konzerne, die schon eher auf ihr Image achten, spielten gern mit der Definitionsfrage: Ist die Einrichtung eines Fließbands für ein neues Modell eine Neuinvestition oder nur eine geschäftlich notwendige Maßnahme zur Erhaltung des Tochterunternehmens am Kap?
Schon lange vor dem EG-Beschluß hatte Hoechst-Südafrika verlauten lassen, mit 100 Millionen Rand (60 Millionen D-Mark) seine Kapazität für die Produktion von Verpackungsfolien verdoppeln zu wollen. Die BMW-Tochter kündigte für die nächsten fünf Jahre Investitionen in Höhe von 500 Millionen Rand an. Und Handelsminister Kent Durr erklärte vor einem halben Jahr nach der Rückkehr von einer Europareise, ausländische Unternehmen hätten insgesamt 4,5 Milliarden Rand für Investitionen am Kap bereitgestellt.
ANC-Vizepräsident Nelson Mandela, der zuvor alle Regierungschefs der EG angeschrieben und gebeten hatte, Beschlüsse in der Sanktionsfrage bis zum Frühjahr 1991 zurückzustellen, reagierte „mit tiefem Bedauern“ auf die Entscheidung von Rom. Dabei war die ANC-Führung in einem Arbeitspapier für die „Konsultativkonferenz“ am vergangenen Wochenende dafür eingetreten, die bisher unnachachgiebige Haltung zu Sanktionen zu „überprüfen“, weil der ANC bei der weltweiten „Erosion“ der Südafrikaboykotte die Initiative behalten müsse. Georg Spieker
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen