DFF zwischen den Fronten

■ Werbeverbot nach 20 Uhr bringt DFF in Schwierigkeiten/ Werbepartner droht mit 20 Millionen Schadensersatz/ Privat-TV-Lobby fordert kompletten Verzicht auf Werbung

Berlin (epd/taz) — Auf den Deutschen Fernsehfunk (DFF) kommen Schadensersatzansprüche von 20 Millionen D-Mark zu. So hoch jedenfalls schätzen Kenner der Werbeszene die Summe ein, die die französische Media-Argentur IP geltend machen könnte, weil die teilweise Aufkündigung des Werbevertrags mit dem DFF eine Reihe von bereits gebuchten TV-Spots bis Ende 1991 platzen läßt. Wie IP-Vorstandsmitglied Jean Méry gegenüber 'epd‘ sagte, sei die Gesellschaft „verpflichtet, sich der Entscheidung Mühlfenzls zu beugen“. Der Rundfunkbeauftragte der fünf neuen Bundesländer Rudolf Mühlfenzl hatte, wie bereits kurz berichtet, anläßlich der Aufschaltung des ARDProgramms auf die erste DFF-Frequenz eine Angleichung der Werberegelungen auch für das neue DFF-Programm (DFF-Länderkette) an entsprechende öffentlich-rechtliche Regelungen der westdeutschen Anstalten beschlossen. Damit wird es in Zukunft im DFF keine Werbung in der attraktiven und besonders gut gebuchten Zeit nach 20 Uhr mehr geben, wie es laut IP/DFF-Vertrag eigentlich bis Ende 1991 vorgesehen war.

Wie IP-Vertreter Méry weiter sagte, sei über die Form der Reaktion auf den Mühlfenzl-Beschluß in seinem Haus noch nicht entschieden worden. Es werde juristisch noch geprüft. Der französische Manager bedauert die Entscheidung auch, weil der DFF die Werbeeinnahmen „sehr dringend gebrauchen kann“. Externe Schätzungen gehen dahin, daß über 100 Millionen D-Mark auf diese Art dem DFF verloren gehen.

Der Sprecher des Rundfunkbeauftragten, Michael Gehler, betonte demgegenüber, die Vertragsabänderungen mit IP würden noch auszuhandeln sein. Für die Vertragspartner des DFF hätte in jedem Fall absehbar sein müssen, daß sich etwas ändert. Das damalige Risiko sei jetzt bei der Bewertung der Auseinandersetzung und der rechtlichen Fragen zu berücksichtigen.

Möglicherweise droht dem DFF jedoch noch ein weit größeres Loch in der Werbeeinnahmekasse, dann nämlich, wenn eine Klage der Privatfunkanbieter in der Bundesrepublik Erfolg hätte. Die kommerziellen TV-Veranstalter Sat.1, RTL plus, Tele 5 und Pro 7 möchten dem ehemaligen DDR-Sender die Werbung gleich ganz verbieten. Der DFF komme nach der Zusammenlegung seiner beiden bisherigen Fernsehkanäle zu einer „Neuen-Länderkette“ am vergangenen Wochenende dem Status eines dritten Programms gleich, argumentieren die Privatfunker in einer vorgestern veröffentlichen Presseerklärung. Nachdem das ZDF eine neue Frequenzkette in den ostdeutschen Ländern nutze und nun auch die ARD dort auf Sendung gegangen sei, „handele es sich bei der Länderkette einwandfrei um ein sogenanntes Drittes Programm... Der Rundfunkstaatsvertrag erlaube aber nur zwei öffentlich-rechtlichen Fernsehprogrammen die Verbreitung von Werbesendungen“, erklärte der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT).

Das ist zwar richtig, jedoch ist der DFF bisher keinem Rundfunkstaatsvertrag beigetreten und somit an dessen Regelungen nicht gebunden. Trotzdem hält man sich in Berlin- Adlershof, dem Sitz des DFF an Mühlfenzls Entscheidung, keine Werbung nach 20 Uhr mehr auszustrahlen. Es müsse ein Weg gefunden werden, wie der Vertrag mit IP dennoch eingehalten werden kann, äußerte sich DFF-Pressesprecher Rolf- Dieter Eichler gegenüber der taz. Wie dieser Weg ausehen soll, vermochte er allerdings nicht zu sagen. Mühlfenzl jedenfalls muß für den DFF dringend einen Haushaltsplan erstellen, in dem die Fragen über verminderte Werbeeinahmen und eventuelle Konventionalstrafen mit berücksichtigt werden müssen.