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Gestapo-Akten über jüdischen Besitz

Unterlagen aus Leipzig können Rückerstattung geraubten Eigentums erleichtern/ Gefunden wurde die Aufstellung eines Versteigerungshauses, das jüdisches Vermögen unter den Hammer brachte  ■ Aus Berlin Anita Kugler

Im Ostberliner Haus des Zentralrats der Juden in Deutschland, Oranienburgerstraße 129, liegen seit kurzem Fotokopien von Gestapo-Akten aus dem Staatsarchiv Leipzig. Die Aktenauswahl soll denjenigen helfen, die im Zusammenhang mit dem Gesetz über die Rückerstattung oder Entschädigung des während der Nazizeit enteigneten und geraubten Eigentums in Beweisnot geraten sind. Das wichtigste Fundstück ist eine Liste des Versteigerungshauses Klemm in Leipzig, die im Auftrag der Gestapo und des Sicherheitsdienstes (SD) „arisiertes“ Vermögen unter den Hammer brachte. Die Liste ist nicht vollständig, es fehlen die Eingangsblätter und die fortlaufenden Versteigerungsdaten. Aber sie ist, wie die mit Vermögensrückerstattungsanträgen betraute Berliner Anwältin des Zentralrats, Simone Bendit, erläuterte, „detailliert genug, um jüdischen Erben zu helfen, ihre Ansprüche zu begründen“.

Versteigert wurden in Leipzig ab 1935 Grundstücke, Immobilien, Schmuck, Kunstgegenstände, Möbel und Tafelservice. In dieser mehr als 1.000 Posten umfassenden Liste werden die Namen und Adressen der jüdischen Besitzer penibel aufgeführt, der geschätzte und tatsächlich bei den Versteigerungen erzielte Wert und obendrein auch noch die Namen und Adressen der Profiteure. Weil nach dem damals und heute immer noch geltenden Gesetzbuch die Ersteigerer davon ausgehen können, daß eine Versteigerung immer rechtmäßig ist, können Rückerstattungssanträge nicht an die jetzigen Besitzer, sondern nur an diejenigen gestellt werden, die das ehemalige jüdische Eigentum raubten, also an die Nazis und ihre Rechtsnachfolger.

Wie Simone Bendit weiter mitteilte, ist neben der Feststellung des jüdischen Eigentums die Rekonstruktion der Adressen der damaligen Besitzer sehr schwierig. Eine Stütze könnten für Leipzig und Umgebung eventuell die ebenfalls kopierten Überwachungsprotokolle von SD und Gestapo sein. Systematisch überwacht wurden sämtliche jüdischen Vereine, angefangen vom „Verein der Gewerbetreibenden“ bis zum „Verein für jüdische Mädchen, die in Not geraten sind“. Das Büro Bendit hat an Hand dieser Protokolle eine Namens- und Adressenkartei angelegt, die Ratsuchenden jetzt zur Verfügung gestellt wird. Die Datei umfaßt zwischen 1.000 und 2.000 Namen.

Verwirrspiel um die „Liste C“

Für Verwirrung bei der Anmeldung jüdischen Eigentums in Ostberlin sorgt nach wie vor die berühmte „Liste C“. Sie wird so genannt, weil viele Grundstücke in den Grundbuchauszügen der Bezirke mit einem unübersehbaren Stempel „Liste C“ gekennzeichnet sind. Dieser Vermerk diente als Hinweis, daß die Liegenschaften vor 1945 politsch und rassisch Verfolgten gehörten. Die in den Grundbüchern mit C markierten Liegenschaften, nach groben Schätzungen etwa 2.000, wurden später größtenteils zu kommunalem Eigentum erklärt. Auf Weisung des DDR- Finanz- und Innenministeriums wurden all diese markierten Eintragungen nachträglich, nämlich 1961, in den „C-Listen“ zusammengefaßt und das Verzeichnis als „Geheime Verschlußsache“ behandelt.

Bis zum Oktober 1989 war es selbst Notaren verwehrt, die Liste einzusehen. Jetzt ist sie unter Obhut der Finanzbehörde in der Klostermannstraße und wird vom neuen Verwalter des Westberliner Landesausgleichsamts, Stefan Giesen, wie ein Augapfel gehütet. Simone Bendit fordert seit Monaten, daß diese Liste dem Zentralrat der Juden in Deutschland zur Verfügung gestellt wird, weil damit die Feststellung des ehemaligen jüdischen Gemeindeeigentums erheblich erleichtert werden würde. Laut einer Meldung von 'adn‘allerdings wehrt sich Giese hartnäckig, denn „den Interessenten sei damit kaum geholfen. Besitzer wären so nicht auszumachen.“ Zumindest in einem Punkt hat sich seit der Verabschiedung des Gesetzes zur Anmeldung des von den Nazis geraubten und enteigneten Eigentums nichts geändert: Nach wie vor tragen die Opfer die Beweislast.

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