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SPD: Bundestag muß Einsatz zustimmen

■ Nato prüft heute Militärhilfegesuch Ankaras für Eingreiftruppe/ SPD: Zweidrittelmehrheit notwendig

Bonn/Brüssel (afp) — Ein Einsatz deutscher Streitkräfte im Rahmen der Mobilen Nato-Einsatztruppe in der Türkei bedarf nach Ansicht der SPD-Abgeordneten Heidemarie Wieczorek-Zeul und Hermann Scheer der Zustimmung des Bundestages mit Zweidrittelmehrheit. Eine Entscheidung Bonns, Einheiten der Luftwaffe ohne Zustimmung des Parlaments dem Nato-Kommando zu unterstellen, wäre ein Verfassungsbruch, betonten die beiden Abgeordneten am Dienstag in Bonn.

Dies ergebe sich sowohl aus den Bestimmungen des Grundgesetzes als auch des Nato-Vertrages. Ein Einsatz deutscher Streitkräfte setze die Festlegung des Verteidigungsfalls durch die dafür zuständigen Verfassungsorgane voraus. Nach Artikel 115a Absatz 1 des Grundgesetzes bedürfe die Festlegung des Verteidigungsfalls „auf Antrag der Bundesregierung einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen des Bundestages“. Ausnahmen seien nur erlaubt, wenn „die Lage unabweisbar ein sofortiges Handeln“ erfordere und „einem rechtzeitigen Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse“ entgegenstünden, betonten die beiden Parlamentarier. Davon könne im Golfkonflikt aber keine Rede sein.

Auch die Nato-Bündnisverpflichtungen seien „kein Freibrief“ der Bundesregierung. Eine Zweidrittelmehrheit des Bundestages werde es angesichts einer Situation, in der die friedlichen Mittel einer Konfliktlösung nicht ausgeschöpft seien, nicht geben, betonten Scheer und Wieczorek-Zeul.

Die Botschafter der Nato-Staaten werden sich am Mittwoch in Brüssel mit dem Gesuch der Türkei befassen, für den Fall eines irakischen Angriffs Kampfflugzeuge der Nordatlantischen Allianz auf türkischem Gebiet zu stationieren. Das gab ein belgischer Militärsprecher am Montag bekannt. Diplomaten zufolge wünscht Ankara, daß etwa 40 belgische, deutsche und italienische Flugzeuge, die zur Mobilen Einsatztruppe der Nato gehören, noch vor dem 15. Januar in der Türkei eintreffen. An diesem Tag läuft das vom UN-Sicherheitsrat gestellte Ultimatum zum Abzug der irakischen Truppen aus Kuwait ab. Angesichts der zögernden Haltung Bonns und Brüssels hatte die Nato eine Entscheidung zunächst verschoben. Eine Militärdelegation war in die Türkei gereist, um sich über die Lage und den militärischen Bedarf des Nato-Partners zu informieren. Falls die Allianz die Flugzeuge bereitstellt, wäre dies der erste Kriseneinsatz der Mobilen Einsatztruppe.

Für die Entsendung von Flugstaffeln der Bundesluftwaffe im Rahmen der Mobilen Nato-Eingreiftruppe in die Türkei hat sich der frühere Verteidigungsstaatssekretär Würzbach (CDU) ausgesprochen.

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